Episode #12 Wie viel Philosophie verträgt das Business – wissen wir mehr als wir begreifen können

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„Gedanken zur Menschlichkeit“ ist ein philosophischer Podcast mit Annette Müller, die von Medienprofi Falk S. Al-Omary interviewt wird. Der Podcast möchte bewusst Kontroversen schaffen und neuen Gedanken abseits des Mainstream Raum geben.

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Hier können Sie diese Podcastfolge nachlesen:

Wie viel Philosophie verträgt das Business – wissen wir mehr, als wir begreifen können?

Annette Müller: Herzlich Willkommen zu unserem heutigen Podcast. Wir diskutieren heute wieder, hoffentlich spannend kontrovers, mit Falk Al-Omary und wir haben das Thema: Wie viel Philosophie verträgt das Business und wissen wir mehr, als wir begreifen können? Falk, was meinst Du dazu?

Falk Al-Omary: Ja, das ist schwer zu sagen. Also, es mangelt ja nicht an Wissen, sondern es ist viel Wissen in den Unternehmen vorhanden. Und Wissen ist eigentlich nicht der Engpass. Wissen ist auch überall verfügbar, in jeglicher Form, als Film, als Text … Content Marketer überfluten uns mit Wissen, ebenso wie die YouTuber, Influencer und Medien. Jedes Jahr erscheinen hunderttausende Sachbücher. An Wissen mangelt es niemandem. Die Frage ist: Was machen wir damit? Wandeln wir dieses Wissen in Weisheit oder Erkenntnisse um? Und wenn wir eine Erkenntnis bzw. Weisheit gewonnen haben, dann ist die nächste Frage: Nutzen wir die denn auch entsprechend? Und da habe ich manchmal so meine Zweifel.

Müller: Da sind wir schon bei der Philosophie, denn das ist ja eine sehr philosophische Frage: Inwieweit ist Wissen tatsächlich Weisheit und wie äußert sich Weisheit als Wissen? Bringt uns Wissen zur Weisheit oder müssen wir zuerst weise sein, um Wissen tatsächlich als Wissen erkennen zu können und im nächsten Schritt auch auf die Straße zu bringen? Es geht nicht nur um das Erkennen, sondern auch um das Umsetzen. Das finde ich ganz wichtig. Und Philosophie halte ich in einem Business für unglaublich wichtig. Es gilt, meiner Meinung nach, zu hinterfragen: Welche Philosophie steht hinter mir, womit kann ich das Ganze füllen, um was geht es mir? Denn wenn ich ohne Weisheit und Philosophie handle, dann kann es sein, dass ich sehr viel Ungesundes in die Welt bringe und dass auch die Mitarbeiter ungesund werden, weil dann die Firmenphilosophie einfach nicht stimmt. Das macht sich überall bemerkbar, deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit der Firmenphilosophie im Sinne von Philosophie tatsächlich beschäftigen. Das Wissen ist natürlich da und ich persönlich finde es total spannend und toll, dass ich heute eigentlich immer und jederzeit, zu jeder Tages- und Nachtzeit, Wissen abrufen kann. Ich muss nicht erst in die Stadt zu einer Bibliothek fahren, hineingehen, mir ein Buch suchen, das vielleicht gar nicht da ist, sondern das Wissen ist meistens im Internet über unsere weltweite Vernetzung vorhanden. Aber was mache ich damit? Das ist die zweite Frage. Das heißt, ich habe hier ganz viele Werte. Man könnte auch sagen, dieses ganze Wissen ist wie Perlen vor die Säue geworfen. Aber es gibt ganz viele Empfänger, die damit auch wirklich etwas anfangen können und die es umsetzen. So betrachtet, ist Wissen noch immer wertvoll. Für mich ist Wissen noch immer wertvoll, denn es bringt mich voran. Ich kann es umsetzen. Es kommt also immer drauf an, auf welchen Boden das Wissen fällt.

Al-Omary: Ich sage ja auch nicht, dass Wissen nicht wertvoll ist. Natürlich ist Wissen wertvoll. Insbesondere Erfahrungswissen ist wertvoll, weil es einfach in uns ist und weil es uns in gewissen Situationen auch bestimmte Entscheidungen treffen lässt, die unsere Individualität am Ende unterstreichen. Ich glaube nur, dass Wissen wertlos geworden ist als Unterscheidungsmerkmal, im Sinne von Herrschaftswissen, im Sinne von: Die Wissenden sind die privilegierten der Gesellschaft. Das sehe ich einfach nicht mehr, weil Wissen eben überall verfügbar ist. Und was ich auch feststelle ist, dass viele Unternehmen – wir reden ja auch über Philosophie im Business – wahnsinnig viel Know-how haben in Bezug auf: Wie organisiere ich gut ein Projekt, wie mache ich geiles Marketing, wie führe ich meine Mitarbeiter, wie optimiere ich meine Bilanzen? Dieses reine Fachwissen auf der operativen Ebene, das haben wir massenhaft. Das sind aber nicht die Entscheidungskriterien, auf deren Basis uns ein Kunde bucht oder eine Firma idealerweise gedeiht. Sondern eine Firma gedeiht heute durch die Entscheidung, die es in der Haltung ausmacht. Also, welche Wertefundierung, welche Wertebasierung habe ich? Mit welcher Haltung gehe ich an den Kunden, mit welcher Präzision – was ja auch eine Art Haltung ist – gehe ich an das Produkt und an die Produktions- bzw. Wertschöpfungskette und an die Servicegedanken heran? All diese Dinge, die eine Haltung zeigen, z. B. gegenüber anderen Menschen, die machen ein Unternehmen unterscheidbar, die nehmen wir dann wahr als Qualität oder Service. Und das wiederum ist aus meiner Sicht zutiefst philosophisch, weil Philosophie ja in letzter Konsequenz auch die Wissenschaft des menschlichen Miteinanders ist. Und da werden Dinge unterscheidbar, da werden Dinge für das Business relevant und die sind glaube ich viel wichtiger als Wissen. Viele stürzen sich auf das Wissen, aber nicht auf die eigentliche Weisheit, auf die Philosophie und auf den Erkenntnisgewinn, die sie in der Interdependenz ihrer ganzen Prozessketten wahrscheinlich meterweit nach vorne katapultieren würden, sondern sie setzen die falschen Schwerpunkte.

Müller: Ich habe da jetzt ein Bild vor mir von einem Intellektuellen, der sehr viel weiß, aber der sich immer die Krawatte bekleckert. Das ist für mich das Bild von jemandem, der ausschließlich intellektuell unterwegs ist, der aber dieses Wissen in der Handlung und im Leben nicht wirklich umsetzen kann. Da bin ich ganz bei Dir. Um jetzt nochmal auf die Eingangsfrage einzugehen, in deren Kontext du bemerkt hast, dass das Wissen nicht mehr restriktiv ist, das heißt, es wird nicht mehr vor uns verborgen … Wir haben ja, wenn wir unsere Geschichte betrachten, Wissen von einer gewissen Bevölkerungsschicht ferngehalten – ich meine jetzt als Menschheit, in der Menschheitsgeschichte insgesamt – damit eben diese bestimmte Bevölkerungsschicht nicht nach oben kommt. Und heute sind wir in der meiner Meinung nach glücklichen Situation, dass Wissen nicht zurückgehalten werden kann, sondern dass jeder, der sich für Wissen interessiert, sich dieses Wissen holen kann. Es steht frei zur Verfügung. Es ist nicht restriktiv. Und daher hat jeder, wenn er sich Wissen aneignet, die Chance, dieses Wissen auch für sich zu verwenden. Nun ist es aber so, dass angelerntes Wissen, welches nicht mit tatsächlicher Erfahrung und Weisheit einhergeht, reine Theorie bleibt und definitiv keine Kraft hat. Und ein Kunde wird merken, ob ihm etwas schöngeredet oder vorgemacht wird, ob man einer Sache nur einen wunderbaren Anstrich gibt, also der ganzen Unternehmung oder der Haltung, die dahinter steht. Die Haltung entspricht nicht einer Zwangshaltung, indem ich jetzt zum Beispiel gerade stehe, sondern die Haltung ist etwas, was sich ganz automatisch und natürlich ausdrückt. Das ist bei einer Person genauso wie bei einem Unternehmen der Fall. Eine Außenwirkung kann man natürlich sehr schön gestalten, durch Marketing und durch repräsentatives Auftreten und durch übermäßig tolles Auftreten. Aber es steht nicht wirklich etwas dahinter. Bei mir ist es zum Beispiel so, dass alles, was ich zu sagen habe, nicht erlesen oder angelesen ist, sondern auf Erfahrung beruht, auf Wachstum, auf Reife und auf Weisheit. Und das hat eine Wahrhaftigkeit. Und ich finde Wahrhaftigkeit ist spürbar, einfach auch durch die Spiegelneuronen. Wenn du jemanden triffst, dann hast du immer irgendwie ein Gefühl, das dir sagt: Das stimmt oder es stimmt nicht. Es gibt eine warnende Stimme über die Spiegelneuronen. Manchmal ist es auch so, dass man der eigenen Wunschvorstellung folgt, obwohl die innere Stimme einem davon abrät. Und das sehe ich nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern ich sehe das auch im Business, wenn ein Kunde eine Firma wählt, die für ihn tätig werden soll.

Al-Omary: Ohne Frage! Es geht ja auch nicht um Körperhaltung, sondern es geht um Attitüde. Und die Attitüde, die ich an den Tag lege, gegenüber Lieferanten, Mitarbeitern, Kunden, die spiegelt sich natürlich auch wider. Das ist so. Will man das Thema Philosophie nochmal ins Spiel bringen, dann wäre sich ja mit dieser Attitüde zu befassen, mit sich selbst, mit den eigenen Gedanken, nicht nur auf einer humanistisch-intellektuellen Ebene, was ja reines Formalwissen hervorruft, sondern auf dieser grundlegend philosophischen Ebene: Was möchte ich hier eigentlich bewirken? Was ist eigentlich meine Aufgabe in dieser Gesellschaft? Was in meinem System ist eigentlich die wirkliche Lebensader, also das, was uns irgendwie am Laufen hält – auch im Sinne eines gesellschaftlichen Engagements als gesamtes Unternehmen? Und das ist ein Aspekt, wo es meiner Meinung nach hilfreich wäre, wenn Unternehmer nicht den aktuellsten Vertriebstrainer lesen und das fünfte Buch zum Thema Projektmanagement, sondern sich in der Tat mal mit Kant, Nietzsche, Schopenhauer oder Sloterdijk beschäftigen würden, um zu ganz anderen Sphären vorzudringen und sich ihrer Rolle im Leben und in der Gesellschaft bewusst zu werden, auch wenn darauf vielleicht die Entscheidung folgt, daran nicht mehr teilnehmen zu wollen. Aber ich brauche doch eine philosophische Grundlage, um Entscheidungen treffen zu können, im Sinne von: gut oder schlecht, falsch oder wahr, zu mir passend oder nicht zu mir passend. Das kriege ich nicht durch Managementwissen hin, sondern das kriege ich aus meiner Sicht nur durch philosophische Überlegungen hin. Und ich kriege es hin durch die Kompetenz, überhaupt Denken zu lernen, und nicht nur Wissen aufzusaugen.

Müller: Ich würde das vielleicht, um es in Schubladen zu stecken, in zwei Teile teilen. Ich würde das Marketingwissen als meine Hardware bezeichnen und ich würde das philosophische Wissen – also die Weisheit, die Werte – als Software bezeichnen. Nur Werte, nur Philosophie, die kann ich in Goa am Strand auch haben. Ich kann …

Al-Omary: Und hungern vielleicht!

Müller: … Und hungern, zum Beispiel. (Lachen) Das ist schon nicht schlecht, so ein Strand in Goa … Aber wenn ich das jetzt umsetzen möchte, also sozusagen auf die Straße bringen, das ist ja so ein schöner Ausdruck dafür, dann brauche ich auch die Technik. Das heißt, da brauche ich auch die Hardware. Ich brauche also eine Maschinerie, die mir hilft diese PS auf die Straße zu bringen. Und das ist natürlich das wirtschaftliche Know-how. Als Unternehmer muss ich wissen, wie führe ich ein Unternehmen, wie mache ich Marketing. Ich glaube, was hier kritisiert wird bzw. was wir kritisch betrachten möchten, ist diese Tendenz, einen bequemen Weg zu gehen und zu sagen: Ich besuche ein Management-Seminar und dann kann ich das schon alles. Das wird mir ja auch versprochen. Aber dem ist nicht so. Meiner Meinung nach ist die Arbeit an sich selbst die wichtigste Arbeit, denn davon hängt alles ab. Das ganze Marketingseminar ist super, das ist das Auto. Aber ich als Fahrer steuere das Auto. Es kommt also immer darauf an, ob ich gut Auto fahren kann oder ob ich einen Unfall baue.

Al-Omary: Ich muss es einordnen können. Also nochmal: Keiner sagt, dass Wissen nicht notwendig ist. Es ist sehr viel Wissen notwendig und es ist wahnsinnig viel Expertenwissen, Branchenwissen sowie Erfahrungswissen notwendig. Das ist völlig unbestritten. Aber davon gibt es aus meiner Sicht in den Unternehmen genug. Wir haben so viele Führungskräfte-Trainings, Mitarbeiter-Trainings, Teamtrainings, Webinare, Seminare, Handbücher. Es wird so komprimiert und so gezielt Wissen in die Köpfe der Mitarbeiter und der Unternehmer hineingepumpt, dass das ja nicht der Mangel sein kann. Das was mir fehlt, das hole ich mir. Ich sehe wahnsinnig viel Selbstoptimierer, die von Seminar zu Seminar rennen. Es gibt hier keinerlei Mangel. Aber die Kompetenz, diese Dinge in Weisheit umzuwandeln und die ideologische, intellektuelle Grundlage zu schaffen, um dieses Wissen auf einer höheren Ebene einzuordnen, vielleicht sogar auf zwei höheren Ebenen – also auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene und der individuellen Ebene, in Verbinndung mit der Frage, ob das eigentlich gut für mich und die Gesellschaft ist, ob es überhaupt gut ist, wenn dieses Produkt erfunden wird – all diese Dinge brauchen aus meiner Sicht einen philosophischen Unterbau. Deswegen ist mein Petitum nicht: Geh nicht mehr zu Management-Seminaren! Mein Petitum ist eher: Lass bitte diese philosophischen Dinge nicht komplett weg, sondern integriere sie, damit du zu einem ganzheitlich denkenden Entscheider werden kannst, der auch intellektuell befähigt ist, die Folgen und Konsequenzen des eigenen Handelns über die betriebswirtschaftlichen Aspekte hinaus zu regulieren und zu nutzen.

Müller: Wir sehen ja überall die Tendenz bei großen Firmen, sogenannte Achtsamkeitstrainings und Achtsamkeitsseminare zu machen, sich in Klausur zu begeben, Qi Gong einzuführen, Meditationsunterricht zu machen, zum Beispiel auch mit den Mitarbeitern Yogatrainings zu machen, also alle Dinge, die nach innen führen. Wir leben ja sowieso gerade in Firmen, in Unternehmen immer nach außen gerichtet und schauen immer auf das Ergebnis, auf das, was unterm Strich herauskommt. Es ist immer dieses Streben nach außen. Aber wo ist denn die Quelle? Die Quelle geht immer von innen nach außen, im Großen wie im Kleinen. In einem Unternehmen von innen nach außen zu handeln, hört sich vielleicht zunächst banal an, aber auch der Mensch handelt immer von innen nach außen. Und es ist das Innere, was sich im Außen ausdrückt. Das heißt, diese Philosophie, die Weisheiten, diese wunderbaren Erkenntnisse der Denker, das ist eine Weisheit, die eigentlich unbezahlbar ist. Und wer sich damit beschäftigt, all diese Schriften liest von Kant, Hegel, den modernen Philosophen, den ich absolut faszinierend finde, Sloterdijk, den bringt das tatsächlich voran, weil er dadurch ja Erkenntnisse gewinnt. Das liegt auch am Geist der Menschen, der dadurch wächst. Es sind ja nicht nur die Worte, sondern die Erkenntnis, die sie haben. Und die überträgt sich. Am besten lernt man ja durch Beispiel. Wenn wir uns mit wirklich hochintelligenten und weisen Menschen beschäftigen, übernehmen wir etwas von diesem Wissen und wir können das dann auch ausdrücken, können daran wachsen. Ich halte dieses Wachstum für sehr wichtig. Aber es ist eben etwas, was wir uns nicht einfach nehmen können. Es muss wachsen, es braucht Zeit. Und in Klausur zu gehen, vielleicht sogar ein Sabbatical einzulegen finde ich ganz wichtig. Da geht auch die Tendenz hin.

Al-Omary: Um das Bild von dir zu übernehmen, geht es darum, die Quelle auch mal zu nähren. Wir kippen aus meiner Sicht immer mehr Eimer in den Fluss, weil wir uns zu wenig um die Quelle kümmern. Das ist ja eigentlich auch der Kern meiner Kritik und es äußert sich in meinen Augen auch in dieser Trainer-, Berater- und Vortragsrednerszene, also: zur ersten Million in zwölf Monaten, schreibe ein Buch in fünf Tagen, werde in zwölf Tagen zum erfolgreichen Top-Leader und wie sie alle heißen. Das sind alles irgendwie Schimären, denen man nachjagt. Ich muss nicht unbedingt Anteil haben an dem Erfolg. Ich muss nichts tun. Das wird mir suggeriert. Dadurch habe ich eine Art leistungslosen Erfolg. Das ist natürlich auf gewisse Weise ansprechend. Aber es bringt mich genau zu dem Gedanken, dass alles verfügbar ist. Das, was in den Seminaren gesagt wird, ist auch noch nicht mal falsch. Es ist nur auffällig, dass es viele Menschen gibt, die vor drei Jahren schon in dem gleichen Seminar gesessen haben oder in anderen Seminaren, die einfach nur, wie ich sie gerne nenne, Erfolgssuchende sind, die aber nie ins Tun kommen. Die sind nie reich geworden. Und das liegt noch gar nicht mal zwingend daran, dass das Training schlecht gewesen ist.

Müller: Also, ich sage immer gerne: Diejenigen, die applaudieren, haben auch die verdient, denen sie applaudieren. Das heißt, diese Seminare sprechen ja jene Leute an, die gerne Früchte ernten möchten, ohne sich wirklich dafür anzustrengen. Die wollen sich ins Auto setzen, ohne den Führerschein gemacht zu haben, was meiner Meinung nach nicht geht. Wachstum und Reife brauchen Zeit. Philosophie braucht Zeit. Philosophie braucht Denken. Philosophie braucht Ruhe. Philosophie braucht eine Retrospektive. Philosophie braucht Anregung. Das ist eine sehr kreative Geschichte, man geht kreativ nach innen und geht kreativ nach außen. Dazu braucht es nicht nur unglaublichen Sachverstand, sondern auch einen kritischen Geist, einen wachen Geist und einen messerscharfen Verstand. Es ist das Gegenteil von Tagträumerei, es ist das Gegenteil von Fantasterei. Vielmehr gehen wir auf den wichtigsten Kern der Dinge ein, wenn wir uns mit Philosophie beschäftigen. Ansonsten macht das alles keinen Sinn. Ansonsten macht das alles nur unglücklich, weil wir uns ins Äußere projizieren und komplett von uns selbst weggezogen werden. Insbesondere wenn wir im Unternehmen arbeiten, passiert das so leicht. Und so schnell sind wir in dieser Höhle und denken dann: Um Gottes Willen, wie bin ich denn jetzt nur in diese Situation geraten? Wie bin ich hier reingeraten und wie komme ich nach Möglichkeit aus der Nummer wieder raus?

Al-Omary: Das, was du jetzt beschreibst, ist ja auch eine Art Individualphilosophie, dass ich natürlich bestimmte Dinge bewerte, sie in meinen Erfahrungshorizont einordne, sie gesellschaftlich einordne. Und du hast zu Recht gesagt, das setzt eine gewisse Denkfähigkeit voraus. Jetzt kann man einen Mangel an Zeit beklagen, um in Ruhe darüber nachzudenken, weil alles so hektisch und im Alltagsgeschäft einfach aufzehrend ist, dass für die wirklich tiefgreifenden Gedanken einfach wenig Zeit bleibt. Und du sagst ja, es ist eben nicht Tagträumen, es ist eben nicht Entspannung, sondern dieser  philosophische Diskurs, ob er nun durch das Lesen von alten Meistern und Weisheiten entsteht – indem eben auch mal die alten Philosophen anstatt Management-Bücher gelesen werden müssen – oder im inneren Diskurs stattfindet (was ich nicht minder attraktiv finde), um seine eigene Attitüde zu entwickeln, sodass jeder für seinen Bereich ein Stück weit Philosoph sein sollte und werden kann. Aber das ist auch harte Arbeit. Und es ist, glaube ich, viel härtere Arbeit, als das reine Pauken von Wissen, das wieder nur – um bei unserem Bild zu bleiben – Wasser in den Fluss kippt. Wir befassen uns zu wenig mit der Quelle, mit deren Entstehung und dem, was hinter der Quelle entsteht. Wir sehen ja auch nur das Wasser aus der Quelle fließen, aber wir müssen im Grunde auch noch dahinter schauen und uns fragen, was denn eigentlich diese Quelle antreibt. Und da halte ich es für wichtig, dass eine gewisse Schulung, eine gewisse Fokussierung auf diese Themen stattfindet und sich Unternehmer wieder mehr Zeit nehmen, um das wirklich zu ergründen. Das ist ja auch der Ansatz, den du in deiner Arbeit verfolgst, nicht einfach nur Wissen zu vermitteln. Deswegen ist dieser Podcast ja auch kein Ratgeber-Podcast, unter dem am Ende fünf Bullet Points stehen, die konkret dazu auffordern, so oder so zu handeln. Sondern es ist eine inspirative Denkquelle und davon gibt es aus meiner Sicht zu wenig. Die Frage ist, warum lieben die meisten Menschen diese Bullet Points und wollen nur das konkrete Ergebnis? Warum trauen sie sich nicht, sich ihren Gedanken hinzugeben, ohne sich in einem Tagtraum zu verlieren? Es ist eben nicht Meditation, sondern im Gegenteil, es ist harte Denkarbeit. Die verbraucht sogar Kalorien.

Müller: (Lacht) Ja, das ist definitiv richtig. Es hat sehr viel mit innerer Einkehr zu tun, aber eben nicht mit Einschlafen. Sondern es hat damit zu tun, sich selbst infrage zu stellen und auch Selbstkritik zu üben, immer nach dem Wahrhaftigen zu schauen, noch eine Frage mehr zu stellen, mit dem Ergebnis nicht zufrieden zu sein. Da gibt es aus der indischen Philosophie einen sehr schönen Ansatzpunkt, der heißt Neti Neti. Das ist eine Art und Weise, Dinge zu analysieren und auf den Kern der Sache zu kommen. Das ist eine Art der Negierung. Ich sehe etwas, betrachte etwas, habe eine Meinung, ein Urteil dazu und stelle genau das infrage. Ich frage: Ist es das wirklich? Dann analysiere ich das Ganze und stelle fest, das geht ja noch tiefer. Das ist es ja gar nicht. Zum Beispiel schaue ich mit dem Teleskop in den Himmel und sehe einen hellen Fleck. Dann frage ich: Ist das wirklich? Was ist das, was ich da sehe? Ist das ein heller Fleck? Dann wird das plötzlich ganz klar und ich stelle fest, das ist ja ein Stern. Dann wieder die Frage: Ist es das wirklich? Und dann frage ich weiter: Ist das einer? Ich versuche, es noch klarer zu sehen, und bemerke plötzlich, das ist ja ein Planet. Und so weiter und so fort … Ich kann also ganz stark in die Tiefe gehen, bis ich irgendwann beim Atom angekommen bin und bei den Neutronen und bei der Zusammensetzung. Und dann sehe bzw. erkenne ich, was ja auch sehr spannend und interessant ist, dass alles, die gesamte Materie in Bewegung ist, dass sich alles bewegt, dass alles schwingt. Ich erkenne, dass etwas zu einer für uns undurchdringlichen Materie wird, indem es sich schneller bewegt und schwingt, wie zum Beispiel dieser Tisch. Die Materie des Tisches bewegt sich und schwingt viel schneller und deshalb können wir da nicht durch. Weil unsere Körper, die ganzen Körperzellen, auf einer anderen Ebene schwingen. Sie schwingen langsamer und nicht so schnell. Und das ist zum Beispiel eine Methode, um zu hinterfragen, wo denn die Realität ist. Was ist denn wirklich wahr? Und so habe ich natürlich die Möglichkeit, alles infrage zu stellen. Und wenn ich alles infrage gestellt habe, habe ich die Möglichkeit, zu meiner eigenen Wahrheit zu finden. Ich muss ja Stellung beziehen. Und wenn ich diese Stellung gefunden habe, komme ich mit einer ganz anderen Kraft wieder ins Hier und Jetzt zurück. Man sieht, dass in vielen Firmen die wirklich erfolgreichen Personen zum Beispiel mehrmals Sabbaticals gemacht und eben genau so eine Introspektion gemacht haben.

Al-Omary: Was ich auch für relevant halte. Ich finde, dass dieses Thema, sich immer weiter zu hinterfragen und sich immer kritisch allen Dingen zu stellen und noch einen Schritt zurückzugehen, an den Kern dringt. Warum mache ich das eigentlich alles, was ist eigentlich die Quelle dafür, was treibt mich an? Da liegt aus meiner Sicht eben auch der große Erkenntnisgewinn. Wenn ich jetzt also in Neudeutsch von einer Disruption ausgehe, dann hat es ja Sinn, die nicht am Ende der Kette zu machen, um noch mehr zu produzieren oder auf einer wirtschaftlichen Ebene nochmal Gewinnmaximierung zu betreiben. Wenn eine Disruption eine echte technologische Revolution sein soll, dann verlangt sie möglicherweise die Attitüde, die wir besprochen haben, nämlich zu verändern. Und das kriege ich eben nur im Inneren hin. Und genau da sollten wir aus meiner Sicht stärker hinkommen.

Müller: Wobei wir ja in unserer Gesellschaft und auf der ganzen Erde schon unter der Disruption zu leiden haben. Wir hinken da ja immer noch hinterher. Man betrachte doch nur das Internet mit seiner ganzen Technik und mit seinen ganzen Möglichkeiten. Wir leben heute in einer Zeit, die können wir mit der Zeit von vor 20 Jahren überhaupt nicht mehr vergleichen.

Al-Omary: Das wird auch noch deutlich schneller werden.

Müller: Es wird noch viel schneller werden, und wir sind gefordert, wirklich hinterherzukommen oder aber rauszufallen aus dem System. Wenn wir jetzt noch schneller werden wollen, wenn wir noch mehr Disruption haben wollen, wenn wir einfach noch mehr wollen, dann kommen wir gar nicht mehr hinterher. Also ich denke schon oft: halt, stopp! Da waren wir schon mal bei einem anderen Podcast, nämlich bei der Frage: Ist Innehalten nötig, um wieder Kraft schöpfen und meine Persönlichkeit wieder anpassen zu können, um mit meiner Persönlichkeit den Wandel, den ja jede Entwicklung mit sich bringt, eben auch durchzuführen?

Al-Omary: Ist das nicht eigentlich genau die Problematik? Wir glauben, wir können nicht mehr mithalten. Du klagst, alles sei zu schnell und dass alles noch deutlich schneller werde. Das ist ja auch die Realität. Wir sind in unserer biologischen Zusammensetzung immer noch so wie die Steinzeitmenschen, aber wir haben alle paar Jahre eine komplette Verdopplung des Wissens. Wir versuchen ständig, diesem Wissen hinterher zu jagen, und ich glaube auch, dass das der Grund ist, weswegen wir uns immer mehr Wissen aneignen, dabei aber nicht verstehen, warum und wozu und wo es hinführt. Das ist doch der Grund, weshalb ich an der Quelle suchen sollte, um das Warum zu durchschauen. Da hilft uns Disruption aber. Ich kann Disruption durch diese Innenschau auch gestalten, ohne dass ich langsamer werden muss. Wenn ich den Weg des Wassers nachvollziehen und erklären kann und die Weisheit besitze, diesen Flussverlauf in all seinen Feinheiten und Facetten zu begreifen, zu verstehen und gegebenenfalls in seiner biochemischen Zusammensetzung zu verändern, damit am Ende des Tages etwas Gutes herauskommt, ein Produkt für mich, für die Gesellschaft, dann ist ja viel erreicht. Aber immer noch schauen wir nur auf den Fluss. Ich glaube, wir könnten die Geschwindigkeit viel leichter ertragen, wenn wir die Frage nach dem Warum beantwortet hätten.

Müller: Da sind wir ja wieder beim Thema: Wo ist der Unterschied zwischen reinem Wissen und Weisheit? Meiner Meinung nach können wir Weisheit nicht erreichen, wenn wir in dieser Geschwindigkeit, in dieser ewigen Aktivität, in diesem Getriebensein bleiben. Vielmehr müssen wir uns da herausnehmen, wir müssen es wirken lassen. Das ist es, was ich zurzeit beobachte und ansprechen wollte mit meinem philosophischen Exkurs: zurück zur Quelle, alles auseinandernehmen, alles infrage stellen.

Al-Omary: Ich finde, wir müssen beides tun. Wir können uns aus meiner Sicht nicht in dem Maße rausziehen, weil wir nämlich in dem Moment, in dem wir das tun, gegenüber anderen, die schon auf dem Fluss unterwegs sind, Zeit verlieren. Deutschland ist ganz groß darin, den Anschluss zu verlieren an digitale Techniken und andere Dinge. Wir müssen aber gleichzeitig das Warum klären. Also ich würde nur ungerne das Thema Wissen gegen das Thema Weisheit ausspielen, sondern ich würde vorschlagen, dass wir eine Facette dazugeben und sagen: Das Wissen, das kannst du anwenden, das sollst du auch haben, aber bitte schaue nicht nur auf das Wissen und nicht nur auf den Fluss, sondern versuche, diesen Fluss in seiner Gänze gesellschaftlich, politisch, global, kulturell, anthroposophisch zu betrachten, um dann die richtigen Entscheidungen zu treffen und wirklich gut auf diesem Fluss unterwegs zu sein. Und sich lange herausnehmen – ja, es hat immer Sinn Ruhepausen zu machen und innezuhalten, gar keine Frage – aber ein Sabbatical kann sich ein Unternehmen als Ganzes, eine Innovation, doch gar nicht leisten. Dafür sind die Innovationszyklen zu schnell. Mein Petitum wäre, mehr Philosophie in die Unternehmen zu bringen, mit dem Ziel, die Denkfähigkeit zu erhöhen, was wiederum mit dem Ziel verbunden ist, an die Quelle zu gelangen und dann quasi die Welle des Flusses besser zu surfen. Wir sind an der Quelle viel zu wenig unterwegs, sondern schauen permanent nur auf den Fluss.

Müller: Und auf das, was der Fluss eben unterm Strich bringt, das ist richtig. Ich glaube, wir haben vom Gleichen gesprochen. Wir meinen das Gleiche, haben es nur anders ausgedrückt. Ich wollte nicht sagen, dass ein Unternehmen kurzzeitig nicht mehr existieren sollte, nur um dann wiederzukommen. Das war lediglich ein Beispiel dafür, dass eben diese Ruhephase, diese Einkehr immer ganz wichtig ist, um dann wieder mit neuer Kraft vorauszuschauen. Und ich wollte unterstreichen, dass die wirklich erfolgreichen, die ganz großen Unternehmen, die die Welt verändert haben, dass diese Unternehmen ihre Mission oder ihre Kraft, diese allesverändernde Kraft, tatsächlich aus dieser Introspektive gewonnen haben, sie dort gefunden haben. Die sind zur Quelle gegangen und mit aller Erkenntnis wieder in die Welt zurückgekommen und haben etwas in die Welt gebracht, haben die Welt verändert.

Al-Omary: Sie haben sich vielleicht auch Zeit zum Denken genommen. Das ist ja am Ende des Tages wahrscheinlich die Quintessenz: Nimm dir Zeit zu denken, damit du besser handeln kannst. Wir belohnen ja in unserer Welt unheimlich oft den Aktiven, den Aktionistischen, der sofort zur Tat schreitet. Dass der aber fünf Umwege benötigt und schlussendlich genauso lange braucht wie der, der erstmal in Ruhe nachgedacht und das Problem dann auf Anhieb gelöst hat, wird ja oft verkannt. Denken findet weniger Anerkennung in der Gesellschaft als Tun. Also, machen! „Mach es!“ Das ist der typische Managerspruch. Und vielleicht ist genau das falsch. Ich finde eher, das Denken macht es.

Müller: Ich bin ganz deiner Meinung. Das Denken macht es. Das Denken ist die Grundlage von allem. Und das ist im Prinzip eine der Kernaussagen oder Kernsätze, die ich immer wieder betone: Den Anfang macht der Geist, den Anfang machen die Gedanken. Die Gedanken sind die Grundlage für jeden nächsten Schritt. Wenn ich Blödsinn denke, dann handle ich auch dumm. Eine meiner Kernaussagen ist, dass die Gedanken die Handlungen bestimmen, also dass Denken die Grundlage von Handeln ist. Das heißt, ich muss erstmal nachdenken. Kein Mensch würde zu einem Arzt gehen und sich behandeln lassen, wenn der hirnlos arbeitet. Ein ganz banales Beispiel. In unserem Hirn, da findet das Denken statt. Und das ist der erste Schritt. Das da oben muss funktionieren, um die richtigen Gedanken zu haben. Und nach diesen richtigen oder falschen Gedanken richtet sich die Handlung. Die kommt dabei heraus. Und das Denken kann definitiv nur in Ruhe stattfinden. Aber dazu gehört die Selbstdisziplin, dass man sich die Zeit zum Denken auch nimmt und dass man sich nicht denken lässt, indem man zum Beispiel den Fernseher anmacht, indem man jemanden anruft, indem man in dem Moment, in dem man die Zeit hätte, etwas anderes macht – oder zum Beispiel ein Management-Training besucht. Selber zu denken ist ganz wichtig, und dann zurückzugehen zur Quelle und mit den richtigen, den logischen, den besseren, den ehernen, den moralischeren Handlungen fortzufahren.

Al-Omary: Das ist ja wie beim Essen auch. Ich kann nicht nur Fast Food essen und erwarten, dass ich gute Leistungen erbringen kann. Ich muss da schon auch Gutes reintun. Und Fernsehen ist nun mal oft nichts Gutes, im Sinne der Gedanken, die mir da übermittelt werden. Auf der anderen Seite gibt es auch tolle Programme im Fernsehen. Also nichts ist nur schlecht, weder das Management-Seminar noch das Fernsehen. Aber die Frage lautet eben: Lenkt es ab oder führt es mich zur Quelle? Wir brauchen auch mehr Mut, um uns der Quelle zuzuwenden. Ich glaube, dass viele Ängste davor bestehen, sich mit seinen eigenen Gedanken in Ruhe zu konfrontieren. Die Ausrede ist dann die, dass doch so viel zu tun ist, dass uns der Alltag auffrisst. Für mich wäre ein Schlussgedanke vielleicht der: Bitte nehmt euch mehr Zeit, um wirklich zu denken, und investiert auch in die Kompetenz, denken zu lernen. Schaufelt euch nicht nur Wissen rein, welches ihr sowieso nicht anwenden könnt. Ein Beispiel ist die Schule. Man war 13 Jahre lang in der Schule, und es war sicherlich eine schöne Zeit. Doch wie viel davon wenden wir heute an? Das Gleiche gilt fürs Studium. Wir brauchen permanent neues Wissen. Und es ist durchaus sinnvoll, sich Wissen anzueignen. Aber Wissen ist wertlos, wenn es eben nicht in der Retrospektive in Bezug auf die Quelle betrachtet, sinnvoll in die Attitüde mündend zu Ergebnissen führt, die eben die eigenen Ergebnisse sind. Wir brauchen eine Art Individualphilosophie: Hole dir Inspiration bei Kant, Hegel, Nietzsche, Schopenhauer u. a. Aber bilde dir auch deine eigene Meinung, deine eigenen Attitüden, Verhaltensweisen und Wertegerüste daraus. Packst du dann das Wissen on top, dann wird es auch gut. Aber reines Wissen ist im Grunde nur das Schminken eines traurigen Gesichts.

Müller: Das hört sich gut an. Reines Wissen ist das Schminken eines traurigen Gesichts. Ist der Spruch von Dir? (Lacht)

Al-Omary: Ich glaube, ein Kunde hat das mal gesagt.

Müller: Das gefällt mir sehr gut. Ich möchte noch einhaken in die Schule und die Universität. Wir lernen das Denken nicht. Wir lernen auch nicht, wie wir lernen, sondern wir werden vollgestopft mit Informationen. Und das Vollstopfen mit Informationen ist das Gegenteil von wahrem Wissenserwerb. Da fängt es für mich schon an. Wir müssen erst wieder lernen, überhaupt richtig zu denken. Wir müssen zunächst lernen, wie wir den ganzen Schlamassel überhaupt wieder aus dem Kopf heraus bekommen. Wie schaffe ich denn Platz auf der Festplatte meines Gehirns, damit ich andere Gedanken in anderer Qualität denken kann? Das ist eine ganz große Aufgabe, eine gesellschaftliche Aufgabe, eine individuelle Aufgabe. Es ist die Aufgabe der Unternehmer und jeder einzelnen Person, sich damit zu beschäftigen. Das halte ich für sehr wichtig, dass wir in diese Richtung gehen und sehr kritisch betrachten, was da in uns hineingestopft wird, was mit unserer Erlaubnis ja auch in unsere Kinder hineingestopft wird.  Das sollten wir, wenn es irgendwie möglich ist, fördern.

Al-Omary: Ohne Frage. Das Thema Bildungssystem ist ja auch ein Dauerbrenner …

Müller: Bildung hat mit wirklicher Bildung nichts zu tun. Bildung hat mit wirklichem Wissen und Weisheit nichts zu tun. Das ist das Gegenteil von tatsächlichem Lernen. Was unser Bildungssystem mit uns macht ist nur Erziehung. Wir werden erzogen aber im Prinzip lernen wir gar nichts.

Al-Omary: Deswegen sind wir aufgerufen, das selber zu tun, es uns anzueignen. Wir müssen lernen zu lernen, Weisheit zu gewinnen und zu erkennen, und sie idealerweise erkenntnisreich in Gewinn umzusetzen. Schön, vielen Dank.

Müller: Ich hoffe der heutige Podcast hat zum Selbstlernen und dazu inspiriert, sich nach innen zu wenden, nach der Quelle zu suchen. Vielen Dank fürs Dabeisein. Ich freue mich aufs nächste Mal.

Danke fürs Zuhören, wir sind heute schon am Ende unserer Folge. Im zweiwöchigen Rhythmus geht es weiter. Und wenn Sie die nächste Folge mit als erstes auf Ihrem Handy empfangen möchten, dann abonnieren Sie doch einfach diesen Podcast. Wie das funktioniert, zeigen wir Ihnen in den Shownotes. Ansonsten lädt Sie Annette Müller ganz herzlich in ihre Facebookgruppe ein, um über die Gedanken zu heute und zu den nächsten Folgen gerne mit ihr zu diskutieren. In dem Sinne, bis zum nächsten Mal.