Episode #42 Der Unermüdliche möchte den Unterschied machen



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Der Unermüdliche möchte einen Unterschied machen – darin sind sich Annette Müller und ihr Gast Harry Flint, Gründer und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur link instinct, einig. Aber was genau treibt den Unermüdlichen an? Was ist das Motiv, das ihn beständig am Ball bleiben lässt? Ein Faktor für die Unermüdlichkeit ist die Frequenz: Je öfter jemand etwas tut, desto effizienter kann er es schlussendlich erledigen.
Was aber passiert, wenn man unterwegs müde wird? Woher weiß man, wann man in eine Sackgasse geraten ist und es besser wäre, umzukehren? Und woher, dass man in einem anderen Fall nur zwei Meter vom Ziel entfernt ist und es sich deshalb lohnen würde, sich weiter durchzubeißen? Und hat Unermüdlichkeit vielleicht auch Schattenseiten? Vergisst man nicht manchmal einfach den Moment in der Unermüdlichkeit, um das zu genießen, was man erreicht hat? Wer kennt das nicht: Man hält nicht mal inne sondern ist schon wieder beim nächsten Schritt und kann sich gar nicht über das Erreichte freuen. Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt es in der aktuellen Folge der „Gedanken zur Menschlichkeit“.

Annette Müller: Der Unermüdliche. Der Unermüdliche möchte den Unterschied machen. Herzlich Willkommen zu unserem heutigen Podcast. Ich zähle mich zu den Unermüdlichen. Ich möchte einen Unterschied machen. Würde mich sehr freuen, wenn ich auch bei Ihnen, liebe Zuhörer, einen Unterschied machen könnte. Und hier in dem Podcast heute, in der heutigen Folge, habe ich zu Gast: Harry Flint. Harry Flint – nehme ich an – gehört auch zu den Unermüdlichen. Lieber Harry, würdest du dich bitte kurz vorstellen?

Harry Flint: Hallo. Danke Anette, dass ich da sein kann. Ich glaube, ich bin unermüdlich. Das sagt nicht nur manchmal meine Frau, das sag ich mir auch manchmal selbst – und meine Kunden sagen mir das. Ich bin Gründer und Geschäftsführer einer Kommunikationsagentur mit dem Namen link instinct. Und ich kümmere mich darum, dass Menschen mit ihrer Meinung, mit ihren Botschaften besser gesehen und besser gehört werden. Und dabei muss man schon sehr unermüdlich sein, damit die Botschaften auch immer ankommen.

Müller: Ja, da sind wir uns ja jetzt einig, dass über Unermüdlichkeit Dinge in die Welt kommen. Die Frage ist nur eben auch: Möchten wir einen Unterschied machen? Liebe Zuschauer, wenn Sie unermüdlich sind – möchten Sie dann einen Unterschied machen? Und wenn ja, welchen? Also ich bin mir meiner Motivation schon sehr bewusst und ich liebe meine Motivation. Meine Motivation ist es, das Bewusstsein der Menschen auszudehnen. Ein Bewusstsein zu schaffen für Dinge. Für unsichtbare Dinge, die geistigen Dinge. Die Dinge, die hinter den Dingen versteckt sind und die uns motivieren und treiben. Lieber Harry, ich freue mich, dass du heute hier bist. Vielen Dank fürs Dabeisein. Was möchtest du erreichen? Was ist deine Motivation dabei? Deine ganz persönliche Motivation, unermüdlich zu sein?

Flint: Ich glaube, das sind die Botschaften meiner Kunden, meiner Menschen, mit denen ich arbeiten kann. Ich liebe es, den Menschen dabei zu helfen, die Dinge, die sie einzigartig machen, zu erkennen und auf eine Kommunikationsreise mit ihnen zu gehen. Wie können sie das, was sie ausmacht, so transportieren, dass sie ihr Gegenüber, das sie erreichen möchten, auch adressieren und erreichen. Da braucht es schon Mut, da braucht es Energie, da braucht es viel Einsatz. Und es braucht auch viel Wiederholung, damit das passieren kann. Der ein oder andere streckt vielleicht zu früh die Segel und ich glaube, Unermüdlichkeit ist da ein ganz positiver Effekt. Man muss es einfach stetig und redlich tun. Und dann ist man, positiv gemeint, unermüdlich.

Müller: Und ich nehme an, mich kennend und dich langsam kennenlernend: Das hat auch etwas Ansteckendes, diese Unermüdlichkeit. Das heißt, wenn da einer schlapp macht, sagst du: Okay jetzt mach mal bitte weiter. Also nicht kurz vor dem Ziel aufgeben. Jetzt hat man schon so viel investiert und man ist zwei Meter vor der Ziellinie. Man sieht sie allerdings nicht und sagt dann: Och, ich habe es bis hierher nicht geschafft, jetzt gebe ich auf. Dabei ist die Ziellinie so kurz davor, überschritten zu werden, und man merkt erst dann, wenn sie tatsächlich erreicht ist, dass man sie erreicht hat.

Flint: In der Tat. Ich glaube, dass das Spielfeld, wo man Einsatz zeigen kann, sehr groß ist. Und wenn man was tut, was man mag, und wenn man mag, was man tut, dann kann man es auch mit einer höheren Wiederholfrequenz machen. Man kann es häufiger tun. Ein Faktor für die Unermüdlichkeit ist ja Frequenz. Je öfter ich es tue, desto effizienter kann ich es in der Zeit machen. Und wenn ich das so anschaue, dann sind die Menschen in ihrer Kraft gerne sehr aktiv, die etwas tun dürfen, was aus ihrem Inneren heraus passiert. Und da helfe ich den Menschen, das zu entdecken. Dass sie möglichst das transportieren, was sie auch ausmacht, und dann ist diese positive Unermüdlichkeit eine Energie, die frei wird, und dann geht es auch leichter von der Hand. Und ja, da kann man den Menschen wirklich leicht helfen, denn da begeistert man sie, viel, viel mehr tun zu wollen, als sie sich bisher vielleicht zugetraut haben. Weil sie dachten, sie schießen an etwas vorbei. Und ich helfe so ein bisschen, die Waffe der Kommunikation zu laden und vielleicht mit einem neuen Visier auszurichten. Damit das Ziel dessen, was man tut, besser ins Visier passt.

Müller: Waffe der Kommunikation. Das klingt mir nach einem Podcast-Titel, lieber Harry. Sehr poetisch ausgedrückt. Was motiviert mich dabei, unermüdlich zu sein? Also für mich ist es: Spaß, Freude, Erfüllung, schöpferisch tätig zu sein. Zu wachsen. Neugierde. Mehr zu wissen. Mich ausdrücken zu können. Mich zu spüren, andere zu spüren. Eine Gemeinsamkeit zu spüren. In Ekstase zu geraten vor Freude, wenn einem etwas gelungen ist. Aufgrund dieser Freude, aufgrund dieser Motivation noch höher zu springen. Für mich ist es keine Waffe, sondern für mich ist es eher so etwas wie Sport. Ja, das klingt alles ganz wunderbar und schön. Nur was passiert, wenn wir dann müde werden? Also müde werden wir, wenn wir Tätigkeiten nachgehen, die uns nicht befriedigen. Die uns nicht zum Ziel führen. Und wann wissen wir, wann wir in eine Sackgasse geraten sind und es ist besser wäre, umzukehren? Und wann sind wir diese zwei Meter vor dem Ziel? Ich denke mal, das ist etwas, was viele Hörer auch beschäftigen wird. Wenn man in einer Krise sich befindet und bestimmte Dinge in Frage stellt. Lebensziele. Vielleicht auch das ein oder andere erreicht hat, aber doch sich dann doch nicht so fühlt, wie man es sich erhofft hat. Was dabei herauskommt in der Vorstellung – was sagst du dazu?

Flint: Du hast vieles meiner Antworten in deiner Fragestellung erwähnt. Der Sub-Titel dieses Podcasts „Der Unermüdliche, der möchte den Unterschied machen“ hängt ja damit zusammen, dass derjenige, der einen Unterschied machen möchte, auch sehen muss, wo Unterschiede sind. Wenn ich jetzt immer mit allen laufe in meinem Leben… Ich meine, du hast das Beispiel Sport genannt. Das finde ich klasse. Das entspricht auch meiner sportlichen Vergangenheit. Dann haben viele das Mannschaftsziel. Das ist gut. Weil eine Mannschaft kann immer gemeinsam mehr erreichen. Aber der Spielführer, der berühmte Beste im Team, den es ja in jeder Sportart geben kann, der macht dann den Unterschied, wenn er irgendetwas von all den guten Dingen anders sieht und tut. Er muss sich unterscheiden. Er macht den Unterschied. Das ist der, der im Fußball den Elfmeter schießt. Das ist der, der im Handball den Siebenmeter wirft. Das ist der im Basketball, der den Ball haben will, wenn es in der sogenannten Crunchtime darum geht, den einen Punkt zu machen. Der traut sich zu, diesen Ball zu nehmen, um den zu spielen. Der will den Unterschied machen. Der trainiert genauso oft und so viel wie die anderen. Der hat ein ähnliches Fitnessniveau wie die anderen, würde man annehmen. Es scheint aber so, dass meistens Fleiß Talent schlägt im Sport. Der nur Talentierte kann nicht so lange an der Spitze bleiben wie der Fleißige. Weil der kann sich da hinarbeiten. Das hat man in der Formel 1 jahrelang Michael Schuhmacher nachgesagt. Der wäre unermüdlich. Der würde den Unterschied machen. Der hat wie kein Zweiter vor ihm die Motorenkunde, die Fahrwerkskunde, die Ingenieursseite des Automobilrennsports verstanden. Man sagte, er konnte quasi mit den Pobacken das Auto lesen, lieben und lenken. Er konnte Dinge zurückspielen an die Technik, was die an den Werten, in den Monitoren sahen. Der hat etwas anders gemacht wie andere bis dato. Formel-1-Piloten, die vielleicht im Gokart noch schneller fuhren wie er. Und ich komme für mich zu der These, dass wenn du einen Unterschied machst, du anders auf die Dinge gucken kannst, vielleicht sogar musst. Wenn du dich zurückstellst. Schaust: Was machen alle anderen gleich? Und was kannst du noch tun? Entweder für die Mannschaft oder für dein Tun, dass etwas entsteht, was dem Ganzen Mehrwert gibt. Und unermüdlich muss man schon sein, denn wenn du mit allen anderen ja mitläufst, mit allen anderen trainierst, mit allen anderen zur Arbeit gehst von 9 Uhr bis 17 Uhr, dann musst du ja der sein, der um 18 Uhr noch da ist, um dieses eine Thema zu bearbeiten, was die anderen vielleicht gar nicht angefasst haben. Und ich glaube, das ist eine Naturell-Geschichte. Du sprichst davon, dass du durch die Welt reist, dass du gerne Menschen erkennst. Dass du gerne Gespräche führst. Dass du hinter die Seelen guckst. Dass du sphärisch denkst, und ja, dann bist du eigentlich unermüdlich, weil das braucht Zeit, oder? Das braucht Empathie. Du musst dich auf diese Menschen einlassen. Einfach nur hinfahren in so ein Land, mit Menschen nur sprechen, reicht da nicht, um sie zu erkennen. Dein Podcast. Die vielen Episoden, die ich angehört habe, zeigen, dass du hinter Menschen schaust. Dass du hinter Gedanken schaust. Und deswegen gibt es ja deine Gedanken zur Menschlichkeit. Was ja eigentlich unermüdlich positiv ist.

Müller: Ja vielen Dank für dein Lob. Das freut mich sehr. Ich möchte gleich nochmal zu diesem besonderen Rennfahrer wieder zurückkehren. Und mir das jetzt vorstellen, wie der mit seinem Hintern das Auto steuert. Das ist ein sehr lustiger Gedanke, der aber auch wieder in die Tiefe führt, weil mich das schon so ein bisschen an das morphogenetische Feld erinnert, das entsteht, wenn wir mit etwas verschmelzen. Ja, wenn er mit dem Auto verschmilzt und eins wird, dann steuert er das Auto rein intuitiv über seinen Willen und über seine Gedanken. Da wären wir dann auch wieder bei dem Gedanken an den Transhumanismus. Ja, wo wir also in Zukunft irgendwann mal einen Chip eingepflanzt bekommen ins Gehirn und wir über diesen Chip dann über unsere Gedanken die ganzen AI, also die Artificial Intelligences, steuern können. Das ist ja ein großes Ziel der Wissenschaft gerade. Wenn wir allerdings unser Bewusstsein derart erweitern, dass wir mit allen Dingen, mit unseren Tätigkeiten und mit unseren Zielen so verschmelzen können wie in diesem Fall der Fahrer mit dem Auto, haben wir die Technik gar nicht mehr nötig. Und das sehen wir auch im Mannschaftssport. Im Mannschaftssport, wenn alle zusammen sind, entsteht ein Flow, es entsteht ein morphogenetisches Feld und es entsteht tatsächlich das Gefühl, jeder ist mit jedem verbunden und jeder weiß schon den nächsten Schritt von dem anderen, bevor er ihn überhaupt getan hat, und dann wird diese Mannschaft großartig. Oder beim Golfen. Beim Golfen erleben wir das auch, dass wir, wenn wir unermüdlich geübt haben, dann tatsächlich mit einem Schlag das Unmögliche vollbringen können. Dass dieser Ball über mehrere Hindernisse sich drei Mal um das Loch schlängelt und dann irgendwie wie mit Zauberhand in dieses Loch hineingesteuert wird. Als sei das magnetisch. Also das ist ja schon ganz was Hochspirituelles und Magisches und was Übernatürliches, was wir in solchen Momenten auch erleben und bewerkstelligen können.

Flint: Wir kennen das aus so vielen Bereichen. Vielleicht kann jeder mal beim Zuhören an eine Person denken, die ihm unermüdlich vorkommt. Das kann die Kindergärtnerin sein, die immer da ist. Morgens und bei Abholung der Kinder damals. Das kann die Krankenschwester sein, die in der Pflege irgendwie immer die hütende Hand hielt. Das kann die Mutter sein, oder? Wie hat sie das eigentlich geschafft? Immer wusste, was wir an der Wunde, an der Seele, an der Haut oder in der Schule hatten. Sie hat irgendwie immer gespürt: Da ist was. Sie war unermüdlich in der Lage, durch ihre viele Schaffenskraft als Person fast schon vorhersehen zu können, und was du da grade beschreibst ist interessant. Weil dieses Feld, was sich dann auftut, und auch den Begriff Magnetismus finde ich statthaft, denn du ziehst Bestimmtes magnetisch an, wenn du unermüdlich in einer Sache deinem Umfeld entgegentrittst. Weil du ja so häufig mit deinem Thema auftrittst, dass du natürlich auch die Menschen häufiger triffst, die auf dein Thema korrespondieren. Und wenn man aus dem Aspekt mal auf die Unermüdlichkeit schaut, ist das ja auch pure Logik. Je öfter ich von einer Sache spreche, je öfter ich mich auf sie fokussiere, je konzentrierter ich es tue, desto eher gebe ich meinem Umfeld die Möglichkeit, mich in dieser Sache als einen Treiber, als einen Voranbringer zu sehen. Und so ein Mensch möchte ich zum Beispiel in bestimmten Tätigkeiten meines Lebens sein. Ich möchte helfen, Dinge voranzubringen, Unterschiede zu machen. Und ich bin mir sehr sicher, Anette, dass viele deiner Zuhörer auch solche Momente haben. Ob sie es wissen oder nicht. Denn manchmal ist man unermüdlich, ohne dieses Selbstbewusstsein in der Unermüdlichkeit zu haben, aber man wirkt mit seiner positiven Kraft auf diese Menschen als ein Treiber für sie. Wenn die nicht mehr da wäre, würde ich schon längst nicht mehr dahin gehen. Das hat jeder von uns schon einmal gehört: Also wenn es ihn nicht gäbe, ich weiß nicht ob ich noch…. Das sind diese Vorbilder im Leben. Ich finde auch diese Wörter Vorbild und Unermüdlichkeit passen da gut zusammen. Vielleicht kannst du mir aber erklären, wann diese Unermüdlichkeit in Rastlosigkeit mündet, denn man kann ja auch zu viel machen und dann nimmt es wiederum Schaden. Da gibt es eine schwierige Situation für einzelne Menschen. Da ist jeder von uns genauso nicht vor gewappnet, dass man manchmal zu viel des Guten meint und keine Pausen findet, und dann kann sowas natürlich auch leider kippen.

Müller: Ja, das ist nicht von der Hand zu weisen, das stimmt ganz sicher. Deshalb ist es ganz gut, sich selbst immer zu überprüfen. Sich selbst anzuschauen: Was motiviert mich, wenn ich unermüdlich bin? Ich möchte den Unterschied machen. Aber welches ist mein Motiv, den Unterschied zu machen? Bei wem will ich den Unterschied machen? Wie soll dieser Unterschied aussehen? Mein Kriterium ist, mich selbst zu überprüfen, in dem ich mich frage: Okay, ich bin zwar eine Führungsnatur und reiße Menschen mit, ohne es zu beabsichtigen. Einfach, weil ich so bin wie ich bin. Aber kann ich auch folgen? Also das heißt: Muss ich immer diese Führungsnatur sein? Oder kann ich auch bei einem größeren Stück die zweite Geige spielen? Also das kann ich auch sehr gut und deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass ich durch meine Unermüdlichkeit dem großen Bild, also dem großen Ganzen dann im Endeffekt schaden würde. Was natürlich aber auch zu betrachten ist, ist: Wir mit unserer Unermüdlichkeit. Wenn wir sagen, wir sind sozusagen helle Lichter, grelle Lichter, ja? Da fühlen sich natürlich auch viele Menschen sehr erkannt und auch unbequem in unserer Gesellschaft, weil sie eben nicht zu den Unermüdlichen gehören, sondern wirklich ein Leben auf der Couch vor dem Fernseher führen.

Flint: Das ist doch auch unermüdlich. Auf der Couch zu ermüden.

Müller: Ja. Naja.

Flint: Wir setzen ja Unermüdlichkeit nicht mit positiver Energie gleich?

Müller: Ja. Da hast du Recht.

Flint: Das ist besetzt in dieser Dynamik. Und wenn jemand die ganze Zeit sich fläzt, dann ist er auch unermüdlich. Er ist unermüdlich passiv. Ist er ein Vorbild damit? Kann er jemanden mitreißen? Schwierig, oder? Wahrscheinlich nur seinen Hund.

Müller: Ja, das erinnert mich an eines meiner Lieblingsworte: Das ist die Unterlassungshandlung. Die ist strafbar. In der Juristerei gibt es den Begriff der Unterlassungshandlung und das ist eine strafbare Handlung.

Flint: Schauen wir uns doch aber mal die Geschichte an, Anette. Ich finde, es gibt so viele Beispiele. Ob du den Dalai-Lama nimmst, ob du Ghandi nimmst. Ob du große Persönlichkeiten in Kultur, in Musik nimmst. Die große Freddy-Mercury-Biographie, als Beispiel, fällt mir ein. Was war das für ein unermüdlicher Verfechter einer Musikalität bei einer sehr gespaltenen eigenen sexuellen Neigung und einem ausschweifenden Leben. Der war unermüdlich rastlos und er hat sich so dermaßen exzentrisch verhalten wollen, müssen und können. Der hat eine ganze Generation mitgerissen. Die Leute kriegen Gänsehaut, wenn sie nur an die Queen-Auftritte denken, und er hat es geschafft mit dieser Unermüdlichkeit, eine Durchschnittsband zu einer Welt-Performing-Artist-Mannschaft zu schaffen, und damit war doch klar: Der gehört so dahin, was der Mensch so Bühne nennt. Diese Bühne muss ja nicht die große Rockstarbühne sein. Im Fußballstadion. Das muss ja nicht die 70 tausend Menschen sein, die mir zujubeln. Das können ja auch stille Dinge sein. Die unermüdliche Pflegerin im Seniorenstift meiner Schwiegermutter. Was müssen die leisten, damit sie diesen Menschen jetzt eine Lebenszeit gönnen, wo sie abgeschirmter sind. Wie kann man sie wertschätzen? Diese unermüdliche Leistung, die da eine Rolle spielt. Da geht es ja auch nicht um Mitreißende. Dass Leute hinter ihnen herlaufen und mitziehen, sondern da gibt es einfach so eine Grundeinstellung zum Leben: Dass du den Unterschied machen kannst. Dass du auf der Kerze zwar eins der 20 Lichter nur sein kannst. Du musst ja nicht das hellste Licht sein, aber du spürst, dass du das Licht bist, was auf der Torte brennt, und erst dadurch die Geburtstagstorte möglich macht. Weil eine Geburtstagstorte mit einem Licht ist bei weitem nicht so schön wie 20 strahlende Kerzen, die dem Geburtstagskind so ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Und so finde ich auch ist Unermüdlichkeit nicht zwingend ein Voranschreiten, also eine Führungsrolle. Sondern die ist davon gar nicht so geprägt. Die hat aber mit dem Wort Vorbild sehr viel zu tun, weil sich Menschen an solchen Dingen wie solchen unermüdlichen Menschen aufrichten können. Sie können folgen. Und das wünsche ich mir ganz, ganz oft, dass wir in der Gesellschaft, in unserem Leben öfters Vorbilder haben, die wir positiv neutral als solche Vorbilder sehen können. Ohne, dass wir sie heroisieren. Ohne, dass wir sie ich weiß nicht wofür interpretieren. Dass wir sie kritisieren, weil sie vielleicht mehr grün als gelb als rot als schwarz sind. Ganz egal welcher Couleur des Charakters wir reden. Sie sind aber Menschen, die uns mitreißen, weil sie für etwas stehen. Das wünsche ich mir. Und ich wünsche mir, dass ich es schaffe, als Typ auch einen Unterschied zu machen. In dem ich in eins, zwei, drei Lebensabschnitten unermüdlich bin und für etwas stehe. Das versuche ich zu tun.

Müller: Das, was du wirklich beschrieben hast, das hat in mir dieses Bild hervorgerufen: Der langsame, aber stete Tropfen, der den Stein dann doch höhlt. Und jetzt dieses Mitreißen, das erinnert mich eher an diesen Wasserfall, an diesen Strom mit den vielen Strudeln, denen man nicht widerstehen kann. Also ich denke mal, das ist beides sehr, sehr wichtig, und es bedarf einer gewissen Authentizität, um eben unermüdlich zu sein und auch in diesem stark zu bleiben und nicht aufzugeben. Und da glaube ich, ist die Wertschätzung des eigenen Handelns und Tuns die Motivation, wirklich dabei zu bleiben. Ich weiß, ich tue das Richtige. Es ist ein kleiner Tropfen. Es mag ein Tropfen auf einem heißen Stein sein, doch wenn dieser Tropfen stetig ist, dann wird dieser Stein nicht heiß bleiben können. Irgendwann wird das Wasser diesen Stein kühlen. Das ist ein Naturgesetz.

Flint: Oder du suchst die Stelle, wo der Tropfen früher den Unterschied macht. Beides geht ja. Du bleibst an einer Stelle beharrlich, das gibt bestimmte Charaktere, die können das. Wieder und wieder und wieder das genau Gleiche tun. Bis es irgendwann zum Erfolg führt. Und es gibt die Menschen, die lernen: Dieser Stein, der höhlt nicht so schnell. Das braucht Zeit. Und gehen an die Stelle, wo sie mit ihrem Tropfen, das ist ja keine große Kraft, so ein Tropfen, mehr auslösen können. Ich finde das faszinierend, dass du mit ganz wenig ganz viel ausrichten kannst, ohne manchmal zu ahnen, was du grade ausgerichtet hast.

Müller: Ja das stimmt. Es lohnt sich, drüber nachzudenken. Das noch ein Bisschen in die Tiefe zu führen.

Flint: Man wird schnell zum Vorbild, ohne es manchmal zu wissen. Weil man mit seiner Handlung Menschen geprägt hat und ihnen etwas signalisiert hat und das finde ich toll. Ich weiß, dass ich Menschen kenne, die mir was vorgelebt haben mit einer Charakteristik, die ich für mein Leben faszinierend fand, und denen ich auch gerne nachstrebe in meiner Handlung. Und ob ich will oder nicht, wird es so sein, dass der ein oder andere Mensch im Lebensich an dem orientieren kann, was ich schon mal getan habe. Das wäre so mein Lebenswunsch, dass man eine Bedeutsamkeit hinterlässt. Die muss ja nicht groß sein. Die muss ja nicht weltbewegend sein. Man muss ja nicht auf der großen Bühne stehen. Aber es soll doch Menschen geben können, die mit dem, was man selbst getan hat, etwas anfangen können, weil man eben den Unterschied gemacht hat.

Müller: Oder aber es reicht ein simples Lächeln, was man einem Fremden schenkt, um dessen Tag zu ändern und damit auch sein Leben.

Flint: Die Menschen, die im Hospiz arbeiten. Was leisten die denn für einen gesellschaftlichen Bärendienst? Die ganzen Menschen, die mit Freude füreinander da sind. Das ist für mich echt toll. Ich kann es leider nicht so häufig, so lächelnd durchs Leben gehen. Nicht, weil ich Trübsal blase oder ein Pessimist bin. Nein, im Gegenteil. Ich bin, denke ich, ganz gerne fokussiert und auch gerne zielorientiert. Und vielleicht, das lerne ich, müsste ich mich an diesem Lächeln anderer manchmal orientieren und ein bisschen mehr Zeit investieren für das eine kleine Lächeln, das du schenkst. Das ist immer wieder eine Aufforderung zurück. Bei allem Unterschied, den man versucht zu machen, auch sich Zeit zu nehmen für den einzelnen Moment. Das ist nämlich die Schwäche des Unermüdlichen. Ich weiß da, wovon ich spreche. Man vergisst manchmal den Moment, in der Unermüdlichkeit um das zu genießen was man erreicht hat. Man hält nicht mal inne sondern ist schon wieder beim Nächsten und kann sich manchmal gar nicht über das Erreichte freuen.
Müller: Wie ist das? Wenn wir das mit der Natur vergleichen, ja? Mit dem Pflanzenwachstum. Eine Pflanze wächst, sie bringt eine Blüte hervor. Diese Blüte war eine Knospe. Wir können diese Bewegung nur im Zeitraffer sehen, aber sie ist ständig da. Das heißt: Nichts bleibt in der nächsten Sekunde gleich. Das Jetzt bedingt die nächste Sekunde. Das heißt also die Blüte, die Knospe, öffnet sich zur Blüte. Muss ich denn in meiner Unermüdlichkeit tatsächlich anhalten als Knospe? Um diesen Jetzt-Zustand zu reflektieren und genießen zu können? Oder besteht der Genuss im „ich mach mich weiter auf und auf und auf und dann verwelke ich“? Und dann werde ich zu einem Samen und dann werde ich zu einer neuen Pflanze?

Flint: Meine Herren. Ich erlebe hier grade die Metaphorik zur Pflanzenwelt. Ich habe darüber noch nie nachgedacht. Ich versuche es mal aufzugreifen. Ich denke eine Pflanze, die genießt den Moment. Sie geht nämlich dann auf, wenn die Sonne scheint. Wenn sie gut befeuchtet ist, dann öffnet sie ihre Arme, ihre Blütenblätter. Und sie lächelt in die Welt hinaus. Und wenn es dann mal so ist, dass wir wenig Sonne haben und es keine Flüssigkeit gibt, dann geht sie auch mal zurück und schließt die Arme. Sprichwörtlich. Die Tulpe, sie schließt die Blüte und wartet nochmal auf den zweiten und dritten Aufgehmoment. Wenn wir in der Gefühlswelt der Tulpe bleiben, weiß man, dass Tulpen unermüdlich nach Sonnenlicht streben und sich selbst im Geschnittenen-Glas-Zustand bei uns auf dem Esszimmertisch immer zur Sonne hinbewegen. Wie von magischer Hand. Als ob die Beine hätten. Die wandern förmlich im Wasser. Und man sieht, sobald das Wasser weniger wird im Glas dann lassen sie sofort binnen einer Stunde oder zwei zwischendurch die Köpfe hängen weil sie sagen: Pause. Kraft tanken. Da kommt am nächsten Tag die Person mit dem frischen Wasser und binnen einer halben Stunde sind sie wieder aufrecht. Die sind also unermüdlich mit dem selbstexistentiellen Verbleib selbst als Schnittblume befasst. Das muss man sich mal vorstellen, dass die, obwohl sie nicht mehr an ihrer Herzschlagkammerwurzel hängen, noch voll leben. Das ist verrückt. Ich finde das, wenn dann das Beispiel Pflanze jetzt daherkommt, verrückt. Was macht denn die Katze in der Tierwelt? Alles, um sich beim Frauchen einzukuscheln, um ja an die Leckerchen zu kommen. Was tut sie nicht alles? Wie verwindet sie sich? Wie unermüdlich nutzt sie ihren Charme, ihre Optik, ihr Miau aus, um das zu erreichen? Um uns Menschen zu beeinflussen? Ist das nicht irre, was auch die Tierwelt tut, um uns unermüdlich an all das zu erinnern? Was sagt uns die Erde grade? Mit den Wasserständen? Mit den Temperaturanstiegen? Mit dem Verschwinden des Gletschereises? Was sagt die uns nicht alles unermüdlich, damit wir endlich hören und uns der Natur besser zuwenden? Damit wir verstehen, dass die Natur einen Unterschied machen möchte? Und was tun wir als Menschheit unermüdlich Negatives, um uns dem zu verwehren, oder? Als Gesamtgemeinschaft. Dieses Thema des Podcasts lässt sich so schön auf alle Welten, merke ich grade, adaptieren.

Müller: Ja, das stimmt, wobei ich natürlich, wenn wir uns jetzt die Planeten, anschauen… Es ist definitiv nicht der Planet, den wir Menschen zerstören, sondern es ist, wenn wir etwas zerstören, zerstören wir uns selbst auf diesem Planeten. Der Planet existiert seit Millionen Jahren und wird nach uns auch noch weiterhin Millionen Jahre existieren. Also ich denke, wir müssen da schon auf uns aufpassen, dass wir unsere Lebensgrundlage, also das Fundament erhalten, in dem wir auf die Erde aufpassen. Auf den Planeten aufpassen.

Flint: In der Gesamtevolutionszeit der Erde sind wir ja mit unserer Menschendenkenszeit von wenigen tausend Jahren wirklich keine bedeutsame Größe. Und das stimmt schon. Wir werden ganz sicher nicht die sein, die den Planeten ewig überleben. Wir waren auch nicht die ersten, die auf ihm gesehen wurden. Da war schon viel, viel mehr vor uns und das wird so sein.

Müller: Ja, zwei Planeten treffen sich und fragen: Na wie geht es dir? Och, ich habe homo sapiens. Sagt der andere: Ach mach dir nichts draus, geht von alleine wieder. Also der Planet wird ganz sicher überleben.

Flint: Ja, wir müssen mit der Unermüdlichkeit also feststellen, dass Unermüdlichkeit auch ein großes Risiko hat. Einmal dieses „nicht rasten können“ und die Engagements, die man treibt, wägen zu lernen. Jetzt sind wir grade bei dem Thema Erde und bei dem Thema Völker, was in dieses ewige Wachstum münden kann, und dieses ewige Wachstum kann bei einer Ressource nicht ewig gehen. Wir müssen uns irgendwann die Frage stellen: Können wir uns ewig vermehren? Können wir 8,9,10,12,14 Milliarden Menschen werden auf der Erde? Können wir immer höher, schneller, weiter, größer bauen? Oder wo besteht eigentlich unsere Unermüdlichkeit, und wie können wir jetzt den Unterschied machen in all diesem Wissen, was auf die Erde zukommt? Wie können wir jetzt verstehen? Ist, glaube ich, eine total spannende Frage der Menschheit. Die Effekte so zu verstehen, dass wir daraus Resultate herleiten und vor allem Mechanismen in die Hand zu nehmen, die uns dabei helfen, es möglichst in die Länge zu ziehen, dass es uns noch erhalten bleibt. Nicht nur ökologisch meine ich das. Auch ökonomisch. In allen Lebensbereichen merkst du das ja. Wir haben zu wenig Kinder, wir haben zu viele Alte, wir haben ganz viele Sorgen in denen diese Unermüdlichkeit, also dieses ewige Streben nach Wachstum natürlich auch seine kritischen Noten mit sich bringt. Man merkt schon, ich bin also nicht nur positiv der Unermüdlichkeit gegenüber eingestellt. Da braucht man schon auch Einhalt. Die Frage ist: Wer ist der Schiedsrichter für diese Einhaltsamkeit?

Müller: Lass uns doch mal wieder zurückkehren zu diesem schönen Bild des Rennfahrers, der über sein morphogenetisches Feld den Wagen steuert. Fast. Indem er verschmilzt damit. Wenn wir uns jetzt vorstellen, wir verschmelzen mit Mutter Erde, mit Gaia, mit dem Planeten. Dann wäre doch eigentlich das Problem gelöst. Oder?

Flint: Wenn wir uns trauen, ja. Die Unermüdlichkeit vieler einzelner Menschen, aber auch ihrer Systeme, in denen die sich befinden, ist nun mal leider so eigendynamisch, dass man sie in ihrer Unermüdlichkeit kaum stoppen kann.

Müller: Im Zerstörerischen.

Flint: Ja, oder?
Müller: Ist richtig, ja.

Flint: Diese Debatte um automobile Antriebe ist doch ein idealtypisches Beispiel, dass wir bestimmte Antriebsarten entwickelt haben. In 40,50, 60 Jahren wurden die weltbeherrschend. Dafür wurden die Rohstoffe benötigt, die man als Verbrennungsmaterial geschürft und gefördert hat, und jetzt tut man alles, um diese Rohstoffe nicht vergänglich werden zu lassen. Da ist die Unermüdlichkeit Feind des Systems, weil plötzlich wird aus Unermüdlichkeit nicht nur Talent, was ich vorhin positiv meinte, sondern ein lobbyistischer Feind, nicht? Er kann auch gemein sein. Dieses unermüdlich für etwas eintreten, obwohl man schon weiß, dass es nicht zukunftsträchtig ist, kann die Menschheit dann auch entzweien. Es kann Gräben aufziehen, und dann sind wieder die Unermüdlichen gefragt. Die Friedensnobelträger; die Brücken bauen. Zwischen A und zwischen B. Das haben wir auch überall in der Welt, oder? Die einen sind radikal so, die anderen sind radikal so. Die einen diesen Glaubens, die anderen jenen Glaubens. Und es gibt kein Recht und es gibt kein falsch. Es gibt nur immer diese Dissonanz, weil unermüdlich Menschen in Richtungen strömen. Deswegen ist die Unermüdlichkeit auch echt ein Thema, dessen wir uns bewusst werden müssen. Vor allen Dingen, wenn es nicht genügend Menschen gibt mit Unermüdlichkeit und die vor allen Dingen einen Unterschied machen wollen, Thema des Podcasts, dann haben wir auch keine Kontrolle über die negativ Unermüdlichen. Die positiv Unermüdlichen müssen die negativ Unermüdlichen bremsen.

Müller: Wissen die negativ Unermüdlichen denn, dass sie negativ sind?

Flint: Das ist die Frage.

Müller: Das ist die Frage. Das ist die große Frage. Also ich denke mal, dass viele das gar nicht wissen. Dass vieles in guter Absicht geschieht und wir erst am Resultat erkennen können: War das nun gut oder war das nun nicht so gut? Aber um nochmal jetzt wirklich ganz nah zu werden. Ich würde gern nochmal von dir in der Zusammenfassung hören. Du persönlich: Welchen Unterschied möchtest du denn machen? Was strebst du denn an? In deiner Unermüdlichkeit?
Flint: Meine Unermüdlichkeit besteht darin, dass ich glaube, dass du, ja nicht alles, aber ganz viel erreichen kannst, ganz viel sein kannst, was du sein möchtest. Ich bin unermüdlich in dem Gedanken, dass du, ganz egal welcher schulischen Bildung du bist, aus welchem Elternhaus, vor allen Dingen auch vor welchem wirtschaftlichen Hintergrund du groß geworden bist, viel, viel im Leben umsetzen kannst. Dass du für Menschen etwas kreieren, schaffen kannst und ihnen helfen kannst. Dass du nach vorne strebst und dass du etwas gestaltest. Das ist für mich ganz wichtig. Dass es einen Stempel gibt auf der Welt Erde, den ich hinterlasse. Wo habe ich etwas gemacht, wo ich Menschen etwas mitgegeben habe? Davon tue ich so viel zu wenig, das weiß ich, als ich machen wollte. Ich würde das viel öfter und gerne machen, aber ich bin so beschäftigt in dem, was ich mache. Auch beruflich und mit all dem, was das mich an Zeit kostet. Dass ich nicht so viel mitgeben kann, wie ich gerne würde. Aber das ist mein Ziel. Immer auch für andere Menschen in einem bestimmten Thema da zu sein. Ihnen Vorbild zu sein. Damit sie spüren: Sie können das auch erreichen. Und ich weiß da aus meinem ganz nahen Umfeld, aus meinem erweiterten Umfeld, dass ich das schon das eine oder andere Mal sein durfte. Und das freut mich.

Müller: Das klingt sehr befriedigend. Sehr freudvoll. Sehr menschlich. Gedanken zur Menschlichkeit. Ja es ist immer gut, auch liebe Zuhörer, wenn Sie etwas unermüdlich machen, sich zu hinterfragen: Welchen Unterschied möchte ich machen? Welches ist der Abdruck, den ich hinterlassen möchte in meinem Leben? Wie sieht das aus? Also ich finde, das ist etwas, wo es sich wirklich lohnt, darüber nachzudenken. Bei mir ist es so, die Unermüdlichkeit in der Bewusstseinsevolution ist also eins meiner Ziele. Den Unterschied, den ich eben machen möchte, ist, dass der Mensch in erster Linie wirklich sehr, sehr gut über sich selbst denkt. Dass er sich selbst Wertschätzung entgegen bringt, egal ob er nun als verschmolzener Rennfahrer immer die ersten Preise einfährt oder aber ob er die Hand hält bei einem Sterbenden oder unermüdlich in der Pflege von Menschen ist, die diese Pflege brauchen. Die Wertschätzung sich selbst gegenüber ist das A und O und das ist etwas, was ich so gerne vermitteln möchte. Der Mensch an sich ist absolut großartig. Und kann anderen und ist anderen auch ein Vorbild.

Flint: Ich weiß von dem, wenn ich über dich so nachschaue, was du so publizierst, dass du in Ländern unterwegs bist, die sehr von dieser, kann man ja sagen, Achtsamkeit auch geprägt sind, nicht? Diese innere Wertschätzung, die man ja auch Achtsamkeit nennen kann. Die gibt es immer dann bei Völkern, die sehr viel Zeit mit sich und ihrem Einklang bringen. Und ja, das kann definitiv ein Vorbild sein. Das sind alles Menschen, die den Faktor Zeit im Leben noch genießen. Die noch wissen, wie es manchmal ist, eine Stunde oder zwei oder drei in sich reinzuhorchen. Die sind meistens, stelle ich fest für mich, nicht in einer industrialisierten, sehr hektischen Umgebung unterwegs. Sondern sind meistens dieser Umgebung entkoppelt. Entweder bewusst, weil sie der entfliehen, oder sie sind da, weil es so sein sollte. Ich kenne gar nicht so viele Menschen, die mit dieser Achtsamkeit arbeiten in totalem Trubel des Seins, nicht? Diese Kindergärtnerin, die von morgens bis abends ochst, damit unsere Kinder eine tolle Zeit haben – kann die überhaupt noch wirklich achtsam in den acht, neun Stunden sein? Oder macht die ein großes „Puh“ und setzt sich abends auf ihre Couch und kann einfach nicht mehr? Gute Frage, nicht? Kann die sich abends noch unermüdlich im gesellschaftlichen Bereich einbringen? Oder ist die abends einfach fertig? Wie viele von uns, die nach dem Job einfach abends mittlerweile einfach zu Hause zusammensacken, und sagen: „Hui, ich bin K.o“.

Müller: Also da möchte ich ganz, möchte ich sofort auf die Montessorischule eingehen, und zwar sind die Lehrerinnen in der Montessorischule Beobachterinnen. Also sie greifen nie ein. Und im Montessorikindergarten sind die ganz bestimmt nicht abends fertig, sondern die sind abends glücklich. Weil diese Methode meiner Meinung nach etwas sehr, sehr richtig macht. Sie füllt kein Wissen oder irgendwelche Technik oder Know-how mit Gewalt in kleine Herzen, in kleine Gehirne. Sondern sie bietet eine Möglichkeit dem Genie, mit dem wir alle geboren sind, sich zu entfalten. Und das macht nicht müde. Das macht glücklich und enthusiastisch.

Flint: Lass ich mal so stehen, ja. Ich habe einige Waldorfverwandschaft, so. Waldorferzieherische Verwandtschaft. Das ist ja eine recht nahe Beziehung zu den Montessoris, und da kann man das so sehen. Man kann das aber auch bisweilen anders sehen. Dass nämlich ohne diese Rhythmik gewisse Rahmenbedingungen manchmal fehlen können. Das lasse ich mal so offen. Da erlaube ich mir auch kein Urteil, ob das gut oder falsch ist. Ob das eine oder das andere dann greift. Aber was du sagst, stimmt. Wenn jemand mehr Zeit hat in der Pädagogik, sich um Menschen zu kümmern und darum, wie die Menschen wirklich auf Lernen reagieren dann kann das nur gut für das Individuum sein. Logisch. Das ist immer besser. Ich beobachte, dass manchmal die Besten ihres Faches selten die Akademischsten ihres Faches sind. Das kommt mir ganz oft vor. Ich bin selbst nicht studiert. Ich habe ein Fachabi, aber ich bin jetzt keiner mit einem zweiten und dritten Bildungsweg. Ich habe mich entschieden: Hands on und ran an die Materie. Und zu versuchen, im Leben mein Abitur zu machen. Das hat so weit so gut geklappt, oder? Und wenn du dann siehst, wer mitunter akademisch gebildet weit marschiert und unermüdlich an seiner Karriere an der Stelle gearbeitet hat und auch schnell mit 45, mit 50 Lebensjahren die und die und die Facetten seiner Karriereleiter erreicht hat, dann ist das löblich für ihn, aber wo ist der im Menschsein geblieben? Hat der diesen Stempel, den wir da diskutieren, den man aufdrücken kann, hat er ihn aufgedrückt oder war er in dem System, wo er aufwuchs, jemand, der da allen entsprochen hat und da performt hat? Nicht? Um dieses moderne Wort zu benutzen. Und ich wünsche mir für jeden, dass er dann unermüdlich sein kann, wenn er das Wort beschreiben kann. Und wenn jemand heute zugehört hat, der die Unermüdlichkeit in sich selber neu entdecken konnte und dabei feststellt, er ist ja eigentlich schon unermüdlich und er findet die positive Seite der Unermüdlichkeit und den Stempel, den er damit den Menschen aufdrücken kann, der Gesellschaft. Dann wäre das super, weil wir brauchen unermüdliche Menschen, Anette, und deswegen bin ich echt dankbar, dass du mich heute eingeladen hast, damit wir dadurch einen Unterschied machen können.

Müller: Ach, das ist so wohltuend. Vielen Dank für diese wunderbaren ermutigenden Worte. Ich glaube, mit diesem Podcast haben wir doch heute schon einen großen Unterschied gemacht. Liebe Zuhörer, vielen Dank fürs Dabeisein. Ich freue mich, wenn Sie das nächste Mal wieder einschalten, und Sie können mich auch gerne wissen lassen: Haben wir Sie berührt mit diesem Gespräch? Und was, wenn? Welchen Unterschied haben wir gemacht?

Vielen Dank.

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