Episode #41 Gesundheit kann man lernen
„Gesundheit kann man lernen“ – das ist die Botschaft von Dr. Cordelia Schott, Fachärztin für Orthopädie, ehemalige Präsidentin der Interdisziplinären Gesellschaft für Orthopädische und Unfallchirurgische und Allgemeine Schmerztherapie (IGOST) sowie Präsidentin des Berufsverbands Konservativer Orthopädie (BKO). Im Gespräch mit Annette Müller erklärt die Medizinerin im Rahmen der Reihe „Geheime Heldinnen – Frauen in der Gesellschaft“, wie Menschen gesund leben und gesund werden können, wenn sie bereits erkrankt sind. „Gesundheit kann man lernen. Wir lernen es nur leider nicht“, beobachtet die Ärztin, die via Social Media regelmäßig und erfolgreich Gesundheitshacks und Tipps zu allen Themen rund um die körperliche und geistige Gesundheit veröffentlicht. „Schöpfer sein statt Opfer“, lautet das Motto ihrer „Mindful Medicine“. Diese fängt schon da an, wie Menschen atmen, wie sie über sich selber denken und wie sie sich berühren. Dr. Cordelia Schott stellt den Patienten ins Zentrum ihrer ganzheitlichen Medizin – und zwar in seiner Dreiteiligkeit bestehend aus Körper, Seele und Geist.
Annette Müller: Herzlich willkommen zum heutigen Podcast: „Gedanken zur Menschlichkeit.“ Wir haben heute wieder das Thema „Geheime Heldinnen – Frauen in der Gesellschaft“. Und ich habe heute zu Gast: Dr. Cordelia Schott, eine ganz besondere Heldin. Freuen Sie sich auf dieses Gespräch mit ihr. Und zwar ist unser Thema: „Gesundheit kann man lernen?“ oder „Gesundheit kann man lernen“. Herzlich Willkommen auch zu dir, liebe Cordelia. Ich freue mich, dass du hier mit dabei bist.
Dr. Cordelia Schott: Hallo liebe Annette. Vielen lieben Dank für die Einladung. Ich freue mich ganz besonders auf diese Art, sprechen zu können. Ich bin schon ganz gespannt.
Müller: Und liebe Zuhörer, ihr könnt auch gespannt sein. Ich möchte hier Cordelia vorstellen und Cordelia muss mir einfach auch dabei helfen. Ich habe mir extra aufgeschrieben, wer Cordelia ist, weil das kann man sich einfach nicht merken. Also ich fange mal an. Sie hat ein Stipendium in Deutschland, in Dänemark und Wien und ein Diplom in Medizinische Wissenschaften, Medical Research von der Aarhus-Universität in Dänemark. Dann war sie Prüfärztin für klinische Studien. Heute ist Cordelia Fachärztin für Orthopädie. Aber das ist noch nicht alles. Sie war neun Jahre Präsidentin der IGOST – das ist die Interdisziplinäre Gesellschaft für Orthopädische und Unfallchirurgische und Allgemeine Schmerztherapie – und Präsidentin des Berufsverbands Konservativer Orthopädie (BKO). Nun weiß ich ja von Cordelia, und weil ich auch ein paar Ärzte kenne, dass die Orthopädie ein ganz besonderes Fach ist und eigentlich eine absolute Männerdomäne. Cordelia, was hast du dazu zu sagen?
Schott: Ich muss zu meiner Entschuldigung bitte sagen dürfen, dass ich das nicht wusste, dass es ein Männerfach ist. Und ich fand Orthopädie immer so toll. Jetzt komme ich selber aus dem Leistungssport, ich habe Judo gemacht, auch im Kader gekämpft, also dann wirklich sehr ehrgeizig. Ich wusste zwar nicht schon als Kind, dass ich Medizin studieren wil. Aber als ich irgendwann dachte, ich studiere Medizin, war klar: Es muss was mit Sport sein. Und Sport ist für mich ganz klar Orthopädie. Also ist halt nicht so sehr Augenheilkunde. Nichts gegen die Augen- und nichts gegen die Hautärzte. Allles toll. Aber Orthopädie ist für mich so der Inbegriff der Sportmedizin des Bewegen, Muskeln, Sehnen und so weiter. Und deswegen war klar, wenn ich Medizin studiere, werde ich auf jeden Fall Orthopädin. Ganz klar. Orthopädin und Sportmedizinerin. Bin ich ja auch jetzt. Da hat mir aber keiner gesagt, dass es keine Frauen gibt in der Orthopädie. Und als ich das dann geschnallt habe, dass das so ist, da hat mich das Fach aber auch schon so gehabt. Ich liebe dieses Fach bis heute so sehr. Ich wollte es mir dann einfach nicht mehr ausreden lassen. Und da war ich dann bockig.
Müller: Und wie waren deine Erfahrungen?
Schott: Also ich möchte ja in diesem Podcast keine Männer dissen. Ich liebe ja grundsätzlich Männer. Ich finde Männer toll. Aber das war kein leichter Weg. In der orthopädischen Welt und dann muss man wissen, ich habe in den 1990ern studiert und den Facharzt habe ich gemacht 2005. Das war auch noch bisschen eine andere Zeit als heute. Ohne Social Media und ohne, dass man was mal eben mitfilmen konnte oder so. Heute hat das viele Vor- und Nachteile. Für mich ist es heute einfacher in manchen Dingen, sich zu wehren. Das war damals nicht leicht. Man hat mir schon von Anfang an gesagt, dass es ganz niedlich ist, wenn ich in der Orthopädie ein bisschen was mache, aber, dass ich wahrscheinlich keine Stelle kriegen werde. Und dann hat man mir natürlich gesagt, als ich eine Stelle hatte, das es nur vorübergehend ist, aber ich wahrscheinlich keinen Facharzt machen würde und so weiter. Und so ging das weiter. Und ich habe dann das ganz große Glück gehabt, dass ich später gewechselt bin zum Professor Kremer, Jürgen Kremer. Ein großer Mentor von mir. Ordinarius an der Uni Bochum, der Wirbelsäulen-Papst hat man ihn immer genannt. Ein ganz toller Mensch, dem ich sehr viel verdanke. Und der hatte das nicht, diesen Sexismus. Der war wirklich toll und der war offen und der hat auch Frauen in der Orthopädie zugelassen und auch eingestellt und auch gefördert. Und da hatte ich nie den Eindruck, dass es einen Unterschied macht, ob ich Männchen oder Weibchen bin. Aber der war damit so ziemlich eine Ausnahme. Also ist es schon, ist es heute noch, eine krasse Männerdomäne. Aber inzwischen komme ich damit einfach sehr gut zurecht. Inzwischen habe ich eine große Fresse. Inzwischen habe ich verstanden, wie Männer ticken. Ich kann auch Männersprache reden. Mit den meisten komme ich gut zu recht. Inzwischen spiele ich damit und mag das so ganz gerne. Aber als ich damals noch so jung war und noch so weich, sage ich mal, und naiv und unerfahren, war es nicht immer einfach in der Männerwelt.
Müller: Und trotz aller Unkenrufe muss man sagen: Du bist auch in diesem Jahr vom „Fokus“ ausgezeichnet worden als eine der 100 erfolgreichsten OrthopädInnen, um dem Gender jetzt gerecht zu werden.
Schott: Ja, da bin ich nicht gut, in diesem Gender-Ding. Also meine Herren, meine Damen, liebe Diverse, ich meine euch immer alle und habe euch alle gleich gerne. Ja, bin ich, und freue mich sehr darüber. Ist, glaube ich, das achte oder neunte Mal in Folge, dass ich ausgezeichnet wurde und bei den 100 besten Orthopäden, wie sie das nennen, da sind ja alle bei. Alle Männer, alle Frauen, alle Professoren, alle Niedergelassenen, alle Chefärzte, alle Alle. Und da bin ich immer ganz stolz, dass ich mit meiner kleinen Praxis, ich habe jetzt inzwischen eine eigene kleine Praxis in Essen, trotzdem da mitspiele. Und wenn ich die Post kriege, da freue ich mich da immer sehr darüber.
Müller: Also ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Also ich bin auch stolz auf dich, dass du das eben hast. Und da muss ich jetzt noch darüber nachdenken, warum bin ich eigentlich stolz darauf, dass Frau Doktor Cordelia Schott jetzt zum achten oder neunten Mal ausgezeichnet wurde? Nun ja, stolz darauf bin ich auch, dass du hier im Podcast bist und dass ich auch die große Ehre habe, deine neue Sache, deine neue Medizin jetzt auch hier vorzustellen und auch Ihnen, liebes Publikum, nahe zu bringen. Und zwar ist das „Mindful Medicine“. Liebe Cordelia, kannst du ein bisschen dazu sagen?
Schott: Oh ja. Total gerne. Dass ich die Medizin und die Orthopädie liebe, habt ihr ja schon gemerkt, habe ich ja schon gesagt. Und ich habe das auch immer alles inbrünstig gelernt und ganz viele Sachen nebenher gemacht. Manuelle Medizin, Chemotherapien, Chinesische Medizin war eine große Bewusstseinserweiterung damals. Habe ich auch Ende der 1990er Jahre damit angefangen und vieles, Naturheilverfahren, immer noch dazu. Und ich war nie glücklich und nie ausreichend glücklich, weil ich immer das Gefühl hatte, und das kennen glaube ich alle Ärzte, man stößt oft an einen Punkt, da geht es nicht weiter. Wir Orthopäden schneiden dann ab oder ersetzen durch ein neues Gelenk und spritzen Cortison und das fand ich so unbefriedigend immer. Viele Sachen kann man wirklich wunderbar behandeln, aber bei anderen Sachen stehen wir einfach doof da als Arzt und können nicht helfen und können nicht heilen. Und irgendwann bin ich selber schwer krank geworden. Auch eine unheilbare Erkrankung, hieß es. Und das war damals eine Endometriose. Wer das nicht kennt: Das ist wie der Krebs der Karrierefrau, sagt man. Da hat man ziemlich starke Schmerzen im Bauch und kann es einfach nicht heilen und muss es rausoperieren. Und die Heilung, die mir so nicht zur Verfügung stand, habe ich dann gefunden für mich persönlich über einen ganz anderen Weg als die klassische Schulmedizin. Heute, viele Jahre später, bin ich kerngesund und habe zwei wunderbare Kinder, zwei tolle Jungs. Bei Endometriose hat man immer das Problem, die große Bedrohung, dass man unfruchtbar ist. Ich konnte es heilen und ich erzähle auch später wie. Und ich habe auf ganz natürlichem Weg zwei tolle Kinder gekriegt. Also wirklich, bin da auch ganz dankbar für, dass diese Heilung stattgefunden hat. Und das hat mir Mut gegeben weiterzugehen in dieser Richtung, zu forschen und zu machen und zu tun und zu lernen und festzustellen und so weiter. War immer sehr wissbegierig. Ich habe auch bei Annette eine tolle Ausbildungen gemacht. Bin ich heute noch sehr dankbar für, Annette, was du mir alles beigebracht hast. Amazing Grace und diese Sachen. Und mit allen diesen Ausbildungen all die Jahre und all dieser Wissbegierigkeit glaube ich, jetzt ist es endlich rund. Oder einigermaßen rund. Und ich glaube, dass diesen Schlüssel, den ich jetzt gefunden habe, den ich „Mindful Medicine“ nenne, den muss jeder kriegen einfach. Das wäre doof, wenn ich den alleine behalte. Den würde ich gerne in die Welt tragen und allen Menschen aufdrängen, damit alle gesund werden können. Das ist die große Vision, die ich ganz arrogant vorgetragen habe.
Müller: Und da kommen wir zum Thema: „Gesundheit kann man lernen“. Also du stellst deine „Mindful Medicine“ über Social Media dar. Ist das richtig?
Schott: Ja. Also auch. Ich habe Social Media entdeckt letztes Jahr. Ich hatte, lustig wie es klingt, bis Herbst 2019 noch nie was gepostet, in meinem ganzen Leben nicht. Das können sich alle, die nach 2000 geboren sind, gar nicht vorstellen, aber ich hatte keinen Facebook-Account, kein Instagram. Ich kannte nur WhatsApp, SMS und E-Mail. Das kannte ich. Und ich habe Social Media entdeckt Ende letzten Jahres und habe dann festgestellt, dass ich ja auf einmal ganz vielen Menschen gleichzeitig was Tolles sagen kann. In der Sprechstunde kann ich ja immer nur mit einem Menschen reden und ich erkläre ja ganz oft immer wieder dasselbe. Aber immer nur einem oder zwei Menschen. Und mit Social Media ist mir ein Licht aufgegangen, weil ich auf einmal die Chance habe, dass es direkt zehn lesen können oder 100 oder 1.000 oder wie viele auch wollen. Und deswegen ist das für mich eine ganz große Bereicherung, über Social Media Wissen zu verbreiten. Dieses Wissen geht um Gesundheit und meinen Spruch: „Gesundheit kann man lernen.“ Wir lernen es nur leider nicht. Aber ich versuche es halt, das, was ich verstanden habe und was ich gelernte habe, kostenlos weiterzugeben und Menschen zu helfen, zu heilen und Menschen zu dienen. Und das mache ich unter anderem auf Social Media. Ich habe jetzt mit einem Instagram-Account angefangen Ende Mai 2020 und poste da regelmäßig so Gesundheitshacks und Tipps. Ich versuche das lustig zu machen, weil ich finde Humor schadet nicht und ich glaube, ich kann auch gar nicht lange ernst sein, aber ich versuche auf eine unterhaltsame Art und Weise, Geschichten aus meinem Leben, Arztgeheimwissen, Geschichten aus der Praxis und auch diese Schlüssel, die ich gefunden habe, zu verteilen. Und das mache ich auf Instagram. Da heiße ich Doktor Cordelia Schott. Ich arbeite gerade an meinem Podcast. Der soll dieses Jahr erscheinen. Der heißt: Gesundheit kann man lernen. Und da erzähle ich halt genau das: Wie wirst du gesund? Und zwar nicht das, was jeder weiß, dass du dich bewegen sollst und Gemüse essen sollst. Das weiß schon jeder. Sondern das ist einfach so viel mehr, wie man Gesundheit lernen kann. Und es geht einfach schon damit los, was du denkst.
Müller: Ja super. Da sind wir bei „Mindful Medicine“. Das Wort „Mind“ hat den indoarischen Stamm Manas und das bedeutet in der Übersetzung „Geist“. Und Aristoteles bezeichnet das als Nous. Und zwar genau das, was uns ausmacht, und wenn wir uns das ein bisschen versinnbildlichen wollen, können wir an die Aussage denken: Wir sind ein Geisteskind oder wessen Geistes Kind wir sind, das tragen wir nach außen. Also wer bist du? Wessen Geistes Kind bist du? Und hier sind wir bei Mindful Medicine. Hier haben wir den Geist, in dieser Medizin. Kannst du da ein bisschen was dazu sagen? Also das Gegenteil wäre ja geistlose Medizin.
Schott: Ja. Wenn ich das bitte mal so, ohne, dass man mich steinigt, sagen darf. Auch in der Zeit, wo ich selber krank war, bin auch schon mal operiert worden und sowas, ich finde wir haben ganz viel von dieser geistlosen Medizin. Das war jetzt gar nicht böse. Wir haben sehr viele, sehr männliche, sehr technische, sehr anonyme Medizin. Ohne Herz und ohne Geist. Und keiner weiß wer du eigentlich bist und das geht alles nur, wenn du von der Norm abweichst. Dieses Mindful, diese bewusste Medizin… Ich sage es mal so: Ich finde, diese Weiblichkeit muss zurück in die Medizin. Dieses Weise, Weibliche, emotional intelligent, persönlich Liebevolle. Und wenn man hier nur vielleicht nur mal liebevoll die Hand auf die Schulter legt im Krankenhaus und sagt: „Ich sehe deine Angst und ich bleibe bei dir.“ Das ist doch aus meiner Sicht richtige Medizin. Und ich weiß wir haben dafür kein Geld und da will ich gar nicht hin. Ich will nur sagen: Gesundheit beginnt im Kopf. Stell dir mal vor du kommst in ein Krankenhaus und es wäre total nett und es riecht nicht nach Krankenhaus und total hell und da kommt jemand auf dich zu und sagt: „Hallo Frau Müller, ich weiß Sie kriegen heute die und die Behandlung. Ich bin Ihre persönliche Ärztin, ich kenne Ihre Akte, ich begleite Sie. Ich übersetze Ihnen alles, wenn sie Fragen haben. Ich passe auf Sie auf.“ Wäre das mal geile Medizin? Ich glaube, du würdest in dieser Sekunde schon ganz andere Hormone ausschütten und wärst schon anders gebahnt in eine Heilung zu gehen als wenn du da eine Nummer ziehst an der Warteschlange und dann wartest bis du aufgerufen wirst, damit irgendein anonymer Arzt irgendwas bei dir untersucht. Weißt du was ich meine? Verstehst du worum es mir geht? Es geht im Kopf schon los. Und wenn du eine Verletzung hast, das ist ein ganz großer Unterschied, ob der Arzt zu dir sagt: „Oh, das Röntgenbild, ja, hm“ oder ob der Arzt zu dir sagt: „Mensch, das kriegen wir wieder hin. Bin an Ihrer Seite“. Also es geht im Kopf los.
Müller: Also es gibt sehr, sehr viel Hoffnung. Es gibt viel Hoffnung, es gibt viel Positives.
Schott: Ich meine es auch ernst. Es ist keine Schönrederei. Ich meine es wirklich ernst. Ich möchte nicht, dass wir alle nur noch wahnsinnig nette Sachen sagen und an der Realität vorbeigehen. Ich will einfach weg von diesem, dass wir Ärzte uns immer nur um die Krankheiten kümmern und ich möchte dahin, dass die Menschen sich selber um ihre Gesundheit kümmern. Das geht damit los was du denkst. Wachst du früh auf, hast du scheiß Laune, hast du gute Laune. Isst du morgens etwas, was dich gesund macht oder weil du nichts anderes da hast und im Auto schiebst du dir irgendwas zwischen die Zähne? Trinkst du genug und trinkst du bewusst? Oder trinkst du einfach nur Kaffee, damit du wach bist und eine Cola, damit du nicht einschläfst und was mit Zucker, weil du nicht essen kannst? Das sind diese Kleinigkeiten im Leben. Und wenn dein Vater einen Bandscheibenvorfall hat und dein Opa hat einen Bandscheibenvorfall. Bist du davon überzeugt, dass du auch einen kriegst? Oder hältst du es für möglich, dass du einen kerngesunden Rücken haben kannst bis du 100 bist? Wie ist dein Mindset? Und das lernen wir nicht in der Kindheit und das lernen wir nicht in der Schule und das lernen wir ehrlicherweise nicht im Medizinstudium, wie Gesundheit wirklich geht. Und Energie folgt deinen Gedanken. Und wenn du dir einredest, dass du Arthrose kriegst nach einer Fraktur, dann bin ich davon überzeugt, ist deine Chance viel höher, dass du sie kriegst als der Mensch, der ein anderes Mindset hat.
Müller: Und von dir kann ich das lernen. Das ist mit eine der Veränderungen, die du bewirken möchtest im Bewusstsein der Patienten, der Menschen, eigentlich von jedem. Nicht wahr?
Schott: Unbedingt. Ich wünsche mir, dass du meine Instagram-Posts liest oder meinen Podcast hörst, unterhalten wirst, ein bisschen lachst, also so Entertainment erhältst und als Nebenwirkung wirst du gesünder. Ob du willst oder nicht. Einfach, weil du nach dieser Podcast-Folge, wenn ich über das Knie rede zum Beispiel, anders über deine Knie nachdenkst als vor der Folge. Weil du verstanden hast, wo vielleicht auch deine Verantwortung, Achtung: deine Schuld in deiner Knieerkrankung ist. Ich habe mal das Knie genommen, ist, wo du vorher nie darüber nachgedacht hast. Also ich will dir einfach das geben so gerne, wo du selber so viel schon verbessern und wofür dich selber besser machen kannst als das, was du normalerweise im Internet googelst, wenn du Knieerkrankung eingibst. Das kann man lernen. Also Schöpfer sein statt Opfer. Und auch diese Entängstigung. Ich nenne mich auch gerne Fachärztin für Entängstigung. Wenn du googelst mit Knieschmerzen, du liest ganz schlimme Sachen im Internet. Du hast hinterher mehr Angst als vorher. Vielleicht bist du auch verwirrter als vorher. Und ich möchte so gerne in diese Richtung von Vertrauen und auch dir selber vertrauen, Selbstwirksamkeit und das auch du weißt, was du selber tun kannst. Natürlich brauchst du dann immer noch einen Arzt, je nach dem, aber du gehst als Partner auf den Arzt zu und bist nicht so ausgeliefert. Das ist meine Vision.
Müller: Was mich jetzt ganz besonders angesprochen hat, war der Humor und ich finde deine Posts auf Instagram und Facebook haben ja sehr viel Humor. Was mir gut gefallen hat, ist: Wie schnell warst du? 500 Kilometer? Wie hast du das denn gemacht? 500 km/h?
Schott: Die Tussis. Ja, du meinst den Tussis-Post bestimmt. Tussis ist Husten und wenn du hustest, dann haben deine Tröpfchen 500km/h. Aber wenn wir aus dem Flugzeug springen, wir Tussis, das war diese Doppeldeutigkeit, dann haben wir so ungefähr 250km/h. Wir springen aus Flugzeugen als Fallschirmspringer. Ich springe Fallschirm, das muss man vielleicht wissen, dass man diesen Podcast jetzt versteht. Die Annette weiß das. Und ich habe diesen Post gemacht „Tussis mit 500km/h“, weil Tussi der lateinische Begriff für Husten ist und habe diese Doppeldeutigkeit da reingebracht. Wir springen noch zusammen Anette, oder? Hattest du mir das nicht versprochen?
Müller: Ich hatte dir das versprochen, aber ich habe ja nicht gesagt wann. Also ich habe mir dann irgendwann mal vorgenommen mit 90 mache ich meinen ersten Sprung.
Schott: 90 Kilo.
Müller: Bitte nicht.
Schott: Nein, das schaffst du nicht.
Müller: Gut gekontert.
Schott: Also ich würde gerne, dass du ein bisschen eher springst, damit ich noch nicht so alt bin. Fallschirmspringen liebe ich deswegen, weil ich finde, dass es das ausdrückt, was ich an dir so bewundere, Annette: diesen Freigeist. Also wenn man aus einem Flugzeug springt, und das macht man in der Regel so bei 4.000 Metern Höhe, vier Kilometern. Da hat man ungefähr drei Kilometer freien Fall und wir sind auch eigentlich keine Fallschirmspringer, wir sind Freifaller. Denn es geht um diesen freien Fall. Wir sind drei Kilometer im freien Fall. Und dieses Gefühl, das kennen auch Taucher. Ich tauche auch zum Beispiel. Das ist diese Dreidimensionalität und diese unendliche Freiheit, die man da fühlt. Also du hast ja keine Begrenzung um dich herum. Über dir der Himmel und unter dir weit weg der Boden und links und rechts der Horizont. Du kannst mit deinem Körper tatsächlich lenken. Im freien Fall können wir wirklich vorwärts und rückwärts fliegen, uns drehen, Rolle machen, auf den Kopf stellen, hinsetzen und solche Sachen machen. Diese Freiheit, die man da hat, ist das, was ich so sehr liebe. Und ich bin auch der Meinung, dass es insofern gesund ist, dass es mir Blödsinn aus dem Kopf rauspustet. Wenn ich nämlich manchmal unten in so ein Flugzeug steige und dann: Ich muss noch das machen und ich muss noch die Steuer bezahlen und der hat das gesagt und ich muss mich darum kümmern und ich habe noch da Sorgen. Und dann bin ich kurz darauf im freien Fall und lande, und dann bin ich wieder ich. Verstehst du, was ich meine? Ich habe den Blödsinn weggepustet. Ich lebe, ich bin gesund, ich kann mich bewegen, ich bin in der Natur, ich habe die Luft um mich herum. Ideal ist es, wenn es ein Sonnenaufgang ist oder ein Sonnenuntergang ist. Das ist unfassbar schön, wenn man da auf die Wolken schaut, wenn die vielleicht rot sind oder die Sonne aufgehen sieht. Die Luft ist ganz besonders. Wolken kann man riechen übrigens. Ich weiß nicht, ob das wahr ist, wenn man durch Wolken durchfällt oder mit dem Fallschirm durchfliegt, die Wolken haben einen ganz besonderen Duft, ganz tollen Duft. Das, finde ich, resettet so gesund. Wenn ich dann lande, weiß ich: Okay, alles klar, das ist eigentlich wichtig im Leben. Meine Kinder sind wichtig. Mein Mann ist wichtig. Meine Gesundheit und noch eins, zwei andere tolle Sachen. Aber den ganzen Blödsinn, den habe ich dann mal so weggepustet. Und deshalb liebe ich den freien Fall so.
Müller: Das hört sich ganz toll an. Also ich kann dir ja von mir erzählen. Ich meine, ich tauche nicht und ich falle auch nicht frei. Aber ich gehe eistauchen. In das eiskalte Wasser. Im Moment hat es nur neun Grad, acht Grad. Also ja, das schlimmste, kälteste Wasser war, glaube ich, einmal zwölf Grad, wo ich drin war. Da kannst du ja kaum atmen, weil es so unfassbar kalt ist. Aber ich glaube, dass du dasselbe meinst, wie ich. Du kommst auf dich selbst zurück. Du bist dann ganz bei dir. Absolut.
Schott: Du kannst auch gar nicht über die Steuer nachdenken, wenn du im Eiswasser tauchst.
Müller: Unmöglich. Unmöglich.
Schott: Das ist es. Genau, das ist es. Du bist wirklich bei dir und bei dem, was wichtig ist. Und das ist nun mal dein Körper. Weil in diesem Leben hast du nur diesen Körper und der bleibt auch bei dir bis zu deinem Tod, ob du willst oder nicht. Also behandle ihn bitte gut. Einen zweiten kriegst du in diesem Leben nicht. Und du und dein Körper, wenn du dich so richtig spürst, was im Alltag aus meiner Sicht alle nicht mehr tun, dann ist das der Anfang von „Mindful Medicine“.
Müller: Und das führt auch zu einem anderen Mindset, zu einer anderen Wahrnehmung des Körpers, und da fängt oder da kann Gesundheit anfangen.
Schott: Da fängt sie an. Aus meiner Sicht. Es geht damit los wie du atmest, wie du über dich selber denkst, wie du dich selber berührst. Das ist eben Gesundheit oder eben nicht Gesundheit. Und wenn wir wieder wegkommen von diesem: Ich bin allem ausgeliefert und ich lege mich in irgendeine Maschine und gucke, ob ich von der Norm abweiche… Aus meiner Sicht hat sich die Medizin da anteilig verrannt in Details und da wäre es toll und das wünsche ich mir und das werden wir glaube ich auch tun, in der Zukunft zurück auf den Menschen zu kommen, der nicht nur eben strukturell nur das ist, was man messen kann und röntgen kann und auswerten kann. Sondern der Mensch ist eben die Seele und der Geist und das strukturelle Dreidimensionale, aber eben alles drei. Und nicht nur Struktur. Wir behandeln aber primär die Struktur nur. Wir schneiden ja nur an dem Meniskus rum. Was ja auch Spaß macht, ist ja schön. Aber für den Menschen selber, dem der Meniskus gehört, finde ich es wesentlich wichtig, dass wir ganz bewusst mit dem kompletten Menschen umgehen und sich selber auch und nicht nur mit dem Meniskus.
Müller: Und da sind wir wieder bei der Frau in der Gesellschaft, die geheime Heldin. Wie ist das für dich, in dieser Gesellschaft als Frau, in deiner Stellung als Mutter, als Ehefrau, mit diesen zwei wundervollen Kindern, ich zögere, sage es aber trotzdem, deinen Mann zu stehen?
Schott: Ja, toll. Ich liebe das. Ich bin inzwischen wahnsinnig gerne Frau, weil ich auch dadurch die Chance hatte, zweimal ein Kind in mir wachsen zu lassen. Aber es gibt immer wieder Momente, wo auch heute in Deutschland noch, finde ich, eine totale Ungerechtigkeit herrscht. Zum Beispiel: Es war bis zum Schluss so, und da war ich schon lange Oberärztin, wenn ich Visite gemacht habe im Krankenhaus und der Zivi ist mitgegangen zum Beispiel, dass ich reinkam und ein Patient mich gesehen hat und gesagt hat: „Schwester, endlich kommen Sie. Ich habe schon dreimal geklingelt. Das Kissen liegt auf dem Boden.“ Und dann sieht er den Zivi und sagt: „Oh Herr Doktor, Entschuldigung. Ist Visite?“ Oder wie oft es, da war ich ja keine 20 mehr, und Patienten sagten: „Kommt noch ein richtiger Arzt?“, nachdem ich mit ihnen gesprochen habe. Und ich dachte es liegt daran, dass ich so schlecht bin. Aber es lag einfach nur daran, dass ich kein männlicher Orthopäde bin, sondern weiblich, und die immer dachten ich wäre die Schwester. Mir hat mal ein Patient gesagt: „Von allen Ärzten sind Sie die netteste Krankenschwester.“ Das war als Kompliment gemeint, aber du hast gemerkt, wie schwer es ihm fiel, mich zu akzeptieren. Und da müssen wir auch für kämpfen, wir Frauen. Und da müssen eben auch wir Frauen kämpfen, dass wir da in gleichgute Stellungen kommen. Aus meiner Sicht geht es doch nicht über Quoten mit Gewalt. Sondern wir müssen uns da selber einfach durchsetzen. Mit Charme und mit Willen und mit Selbstwertgefühl und uns da nicht in die Ecke drängen lassen. Nicht gegen die Männer, sondern mit den Männern. Das ist aus meiner Sicht der richtige Weg.
Müller: Und ich glaube, mit deiner „Mindful Medicine“, wenn sich das mehr und mehr durchsetzt in der Öffentlichkeit, bereitest du ja auch einen guten Weg für die anderen Frauen in deinem Berufsfeld.
Schott: Ja, das hoffe ich. Das hoffe ich sehr. Für jeden. Und ganz ehrlich, ich glaube, dass viele Ärztinnen auch genuin besser können, dieses „Gesundheit kann man lernen“. Ist jetzt nichts gegen euch, liebe Männer. Ihr Männer habt auch tolle Fähigkeiten. Aber dieses Mindful, dieses Bewusste und dieses emotional Intelligente. Da sind Frauen oft stärker, weil sie in der Kommunikation oft stärker sind, weil sie in der Empathie oft stärker sind. Ich glaube, dass gerade Ärztinnen hier ganz stark nach vorne kommen können. Das ist nicht der Grund, das zu machen. Ich glaube, da ergänzen sie sich einfach sinnvoll und befruchten sich gegenseitig zwei tolle Sachen.
Müller: Also ein Miteinander, nicht Gegeneinander. Die Stärken der Einzelnen nach vorne bringen. Die weiblichen Stärken, die männlichen Stärken vereint, führt uns nach vorne. Weil wir unsere Energie ja auch nicht mit Anfeindungen verschwenden und verbrauchen, sondern eben für eine bessere Zukunft, für ein besseres Sein dann eben unterwegs sind.
Schott: Ja, absolut. Das hast du fein gesagt.
Müller: Das hört sich toll an. Kannst du uns noch ein bisschen mehr darüber erzählen wie man dich finden kann, wo man dich finden kann?
Schott: Ja, also du findest mich auf Instagram: Doktor Cordelia Schott heiße ich. Auf Instagram heiße ich auch so. Ganz fantasielos. Du findest meine Homepage auch unter Doktor Cordelia Schott. Am liebsten, wenn du eine Frage hast oder ich dir irgendwo helfen kann oder wenn du da irgendeinen Wunsch an mich hast, ich kann natürlich keine Beratung machen in die Welt, virtuell keine ärztliche Beratung via Instagram, aber ich gebe mir wirklich große Mühe, alle Fragen zu beantworten. Schreibe mir bitte auf Instagram. Schreibe mir nicht auf Facebook oder so. Schreibe mir immer auf Instagram. Da schaue ich regelmäßig drauf und versuche auch alle privaten Nachrichten zu beantworten. Oder vielleicht wünscht du dir ein Post, dass ich mal was schreiben soll über irgendeine Erkrankung oder eine Therapie oder so. Dann mache ich das sehr gerne. Ich bin für alle Anregungen immer dankbar und ich hoffe, wenn diese Sendung rauskommt, mein Podcast schon online ist, der heißt „Gesundheit kann man lernen“, und in jeder Folge nehme ich mir eine Patientengeschichte, von der man was lernen kann. Jetzt haben wir heute viel über Knie gesprochen. Das ist Zufall. Ich werde auch genauso über Rücken oder Schultern und andere Sachen sprechen und wenn du da eingibst Doktor Cordelia Schott und Gesundheit kann man lernen, bin ich mir ganz sicher, dass du meinen Podcast findest und dann hoffe ich, dass du auf jeden Fall lachen musst, an mehreren Stellen, wenn du das hörst, aber auch ein bisschen schlauer und gesünder aus dem Podcast rausgehst und mit ein bisschen mehr Selbstwirksamkeit und bisschen mehr Selbstwertverantwortung um deinen großartigen Körper kümmerst, wenn du mit der Folge fertig bist.
Müller: Ganz wunderbar. Vielen, vielen lieben Dank für das Dabeisein heute hier in diesem Podcast, liebe Cordelia. Das war „Gesundheit kann man lernen“. Es gibt auch in Zukunft einen Podcast, der so heißen wird. Ihr findet sie, Sie finden Doktor Cordelia Schott auf Instagram und auf Facebook. Sie können auch mit Doktor Schott Kontakt aufnehmen. Am besten über Instagram. Und ich freue mich, hier wieder eine geheime Heldin da gehabt zu haben. Wir Frauen in der Gesellschaft, wir spielen eine große Rolle. Auch in einer positiven Veränderung in der Gesellschaft. Und das war heute „Gedanken zur Menschlichkeit“. Ich danke von Herzen für das Dabeisein. Ich hoffe es hat Ihnen gefallen und ich freue mich darauf, wenn wir uns gemeinsam wieder hier hören. Bis dahin, auf Wiederhören. Vielen Dank für das Dabeisein, Cordelia.
Schott: ich danke dir Anette. Dankeschön. Tschüss.
Müller: Bye, bye.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!